Samstag, 21. Januar 2012
Naziaufmarsch am 21.01.2012


Heute wollten sie mal wieder aufmarschieren in München, die von mir bereits erwähnten Aktivisten des Freien Netzes Süd (FNS). Weit kamen sie nicht, aber eins nach dem anderen.

Diesmal wollten die Nazis gegen das Kafe Marat demonstrieren, einen linksalternativen Treffpunkt in München. Dieser Treff ist der CSU ein Dorn im Auge, da wird gern einmal polemisiert. Dankbar für dieses Wettern gegen angebliche Linksextremisten ist dann natürlich: die rechtspopulistische bis -extreme Bürgerinitiative Ausländerstopp. Deren Stadtrat, Karl Richter, übrigens rechtskräftig verurteilt für das Zeigen des Hitlergrußes bei der Vereidigung, springt da natürlich dankbar auf diesen Zug auf. Oder wie es heute ein Familienvater im Bus gen Proteste treffend ausdrückte: "Die Polizei ist heut da, um die Saat zu schützen, die von der CSU gesät wurde mit ihrem Linksextremistenquatsch". Dank unbekannterweise dafür. Weitere Anzeichen dafür, dass diese Saat aufgeht, sind rechtsextreme Schmierereien rund um das Kafe Marat sowie mehrere tätliche Angriffe auf Gäste in letzter Zeit.

Nun, Sammelpunkt für die Nazis war der Hauptbahnhof der Landeshauptstadt, Treffpunkt für Gegendemonstranten sollte am Stachus sein. Im Untergeschoss erstmal von unfreundlichen Polizeibeamten daran gehindert, zur Gegendemo zu gelangen, nahm ich halt den Weg an der Oberfläche, also außen rum. Den Sinn dieser Maßnahme hinterfrage ich lieber nicht. Etwa 150 Gegendemonstranten waren zu diesem Zeitpunkt am Stachus versammelt, Menschen aller Altersgruppen und Parteienzugehörigkeit. Fahnen der Grünen, Piraten und der SPD waren zu sehen. Aber dazu später mehr. Die Grünen verteilten übrigens Flugblätter, um die Werbetrommel zu rühren für einen Bus zur Anti-Nazi-Demo am 18.02.2012 von München aus nach Dresden. Tatenlos rumstehen wollte man dann auch nicht, also gings ab Richtung Hauptbahnhof zum fröhlichen Katz- und Mausspiel mit der Staatsmacht.

Mehrere Umwege später befand man sich dann unter Gleichgesinnten auf der Straße, die die werten Herren von Rechtsaußen gern nehmen wollten. Blockierer hatten es bereits zu diesem Zeitpunkt geschafft, die Nazis aufzuhalten. Die Staatsmacht jedoch wollte ihrem Auftrag, den Weg freizumachen, nun endlich nachkommen und unsanft wurde man von der Straße geschafft. Also den Aufmarsch halt lautstark begleiten vom Hauptbahnhof aus bis zum Stachus. Sprechchöre, Schneebälle, all das wurde aufgeboten, um den Nazis zu zeigen, was man von ihnen hält. Geantwortet wurde mit Sprechchören wie bspw. "Wir sind der Nationale Widerstand" und sogar "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" soll laut übereinstimmenden Ohrenzeugenberichten angestimmt worden sein. Als sei dies nicht genug der Provokation, wurde vom Lautsprecherwagen aus auch noch das Paulchen-Panther-Intro gespielt. Also mal eben nebenbei diejenigen feiern, von denen man sich gern distanziert.

Auch am Stachus wurde ein längerer Zwischenstopp eingelegt, denn auch hier schafften es einige Blockierer auf die beabsichtigte Route. Augenscheinlich war es bis zu diesem Zeitpunkt bereits gelungen, zumindest den Trambahnverkehr in der Innenstadt nahezu zum Erliegen zu bringen, auch bei der ein oder anderen Busroute dürfte zu diesem Zeitpunkt nix mehr gegangen sein. Das fortlaufende Gekreische vom Lautsprecherwagen der Nazis aus wurde recht erfolgreich durch die am Stachus aufgebaute Soundanlage abgemildert, und Petrus drückte sein Missfallen des Spektakels ebenfalls auf die ihm eigene Art aus: Der Schneefall war mittlerweile in Regen übergegangen und die Grünflächen am Stachus in Schlammwüsten verwandelt. Das fröhliche Katz- und Mausspiel ging nach längerem Warten übrigens weiter und ehe man sichs versah, landete man im Polizeikessel auf Höhe der Sonnenstraße 14, während die Nazis auf die andere Straßenseite umgeleitet wurden.

Geschätze 50 Gegendemonstranten wurden hier also fest gehalten, bis der rechte Spuk außer Hörweite war. Im Grunde genommen waren die Beamten, welche einen aufhielten, recht entspannt. Der ein oder andere Plausch entwickelte sich und geblödelt wurde auch ein wenig. Beliebt bei den Herren Staatsdienern war der Chor "Samstags frei, für die Polizei". Frage mich bitte keiner, wie lang unsereins aufgehalten wurde, denn es war recht kurzweilig, und als man endlich die Freiheit wieder hatte, kam man natürlich nicht schnell genug den Nazis hinterher. Diese liefen am Sendlinger Tor auf die nächsten Blockierer auf, und so hatte unsereins die Gelegenheit mitzuhelfen die komplette (!) Lindwurmstraße abzusperren. Hier an der Ecke Fliegerstraße/Lindwurmstraße hatte sich ein nicht zu knapper, recht heterogener Mob zusammengefunden und den Weg versperrt. Es sah auch nicht unbedingt danach aus, als wäre es einfach für die Polizei, hier die Straße wieder freizubekommen. Hatte an dieser Stelle etwas vom Frosch im Hals, den man einfach nicht los bekommt.

Gemütliches Plaudern, Versuche sich aufzuwärmen und gelegentliche Sprechchöre waren hier an der Tagesordnung. Dass sich allerdings der ein oder andere SPDler nicht zu blöde war, Gegendemonstranten der Piratenpartei zu diffamieren, spricht nicht gerade für sie. Ja, man versuchte gar, aus dem richtigen Blickwinkel heraus zu fotografieren, damit es auch ja so aussieht, als wäre die Piratenflagge mitten im Nazipulk. Werte SPDler, lebt verdammt nochmal die Toleranz vor, für die ihr angeblich einsteht. Es ist mir persönlich vollkommen egal, ob der an meiner Seite stehende Gegendemonstrant nun ein Parteibuch der SPD, der Grünen, der Piraten, der FDP hat oder gar parteilos ist. Ich freue mich eher über jeden Teilnehmer, der für Toleranz einsteht.

Eine Stunde wurde bibbernd verbracht, als ein Lautsprecherwagen der Polizei nun darum bat, die Versammlung aufzulösen und den Versammlungsort gen Gehwege zu verlegen. Leicht missverständlich und sowieso ein Ding der Unmöglichkeit, die Masse der Leute auf die Gehwege zu verteilen, war dies nur Ansporn für einige Zuschauer, nun ebenfalls aktiv sich an der Blockade zu beteiligen. Es gab noch die Durchsagen zwo und drei, dann zog sich nach einiger Wartezeit der Lautsprecherwagen zurück. Gerüchten zufolge soll der Referent des Kreisverwaltungsreferates, Wilfried Blume-Beyerle, vorher gesichtet worden sein im Gespräch mit dem Einsatzleiter der Polizei. Die Polizei hatte sich dazu entschieden, den geringeren Weg des Widerstandes zu gehen, und die Nazidemo aufzulösen. Jubel brandete auf inkl. "Ihr könnt nach Hause fahrn"-Sprechchören, die Feuerwerksrakete mitten im Pulk hätts allerdings nicht gebraucht.

Die Nazis hatten also schlussendlich nicht einmal die Hälfte des Weges zum Kafe Marat geschafft, ein sehr schöner Erfolg wie ich finde. Sehr schön übrigens auch, dass man einige bekannte Löwengesichter auf Gegendemoseite antraf.

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