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Montag, 4. Juni 2012
Fußballfans sind alles Verbrecher
Ich möchte zuerst vorausschicken, dass ich dies nur als einfacher Fußballfan schreibe. Aus der Sicht eines Fans also, der seit ein paar Jahren relativ aktiv ist in Faninitiativen. Aktiv wurde ich aufgrund hautnah miterlebter Polizeigewalt, vorher war ich lediglich ein „Gelegenheitsfan“ der halt gelegentlich mal ins Stadion ging und sich ansonsten für das drumherum nicht wirklich interessiert hat. Den Profifußball selbst verfolge ich seit dieser Saison nur am Rande. Dazu beigetragen haben der Verkauf eines Großteils der Profisparte meines Vereins ebenso wie unschöne Auswüchse zu denen für mich persönlich die Spielansetzungen, das zugekackt werden mit Werbung (Namensänderungen der Sportstätten, „diese gelbe Karte wird Ihnen präsentiert von...“), der Bau seelenloser Arenen ebenso zählen wie sinnbildlich das Medien-Buhei und die Diskussionen welche seit dem so genannten Skandalspiel in Düsseldorf als mediale Sau durchs Dorf getrieben wird.
Wie Fan-Anwalt Marco Noli im Interview schon richtig festgestellt hat:
Die meisten Medien haben häufiger einen Reflex zu skandalisieren und sind an einer sachlichen Diskussion gar nicht interessiert. Mittlerweile hat diese Hysterie das Ausmaß einer Hetzkampagne gegen Fußballfans erreicht. Das halte ich für sehr gefährlich. Begriffe wie »Randale«, »Krawalle« und »Ausschreitungen« werden völlig undifferenziert und inflationär verwendet. Die gesamte öffentliche Debatte ist völlig von der Realität abgedriftet.
Mit den mittlerweile hervorgebrachten Forderungen dürfte es da nicht anders ausschauen. Mal kurz aufgezählt, wer die Forderungen auf den Tisch gebracht hat und was meiner Meinung nach davon zu halten ist:
Innenminister Friedrich fordert also die Abschaffung der Stehplätze. Interessant wird’s, wenn man bedenkt, dass die Arena in Düsseldorf über gar keine Stehplätze verfügt sondern ein reines Sitzplatzstadion ist. In England zum Beispiel, welches als Beispiel gern mal genommen wird, gibt es ja mittlerweile Bestrebungen das Stehplatzverbot aufzuheben. Dass die Abschaffung der Stehplätze der Atmosphäre in den Stadien nicht unbedingt zuträglich war dürfte ein Grund sein dafür sein ebenso wie die horrenden Preise die sich manch Normalverdiener nicht mehr leisten kann und will. Allerdings könnte man Friedrichs Forderung auch konsequent weiter denken und das StewardCall einführen in den Stadien der Profivereine Deutschlands.
Eine weitere Forderung war die, Zuschauer in Sippenhaft zu nehmen mithilfe eines schwarzen Vorhangs der heruntergelassen wird wenn jemand im Block Pyrotechnik zündet. Der Vorschlag verdient ebenso viel Beachtung wie der nach Fußfesseln für Hooligans. Nur kurz sei angemerkt, dass dies alles nach einem Spiel diskutiert wird bei dem die Bilanz bei weitem nicht das im Anschluss folgende Geschrei rechtfertigt. Eine Forderung welche gefühlt alle zwei Wochen auf den Tisch gebracht wird und dann auch mit Leidenschaft auch in nicht gar so fußballaffinen Kreisen befürwortet wird, ist die Forderung nach einer finanziellen Beteiligung der Vereine an den Kosten der Polizei-Einsätze. Immer wieder hervorgebracht wird diese Forderung übrigens von den Polizeigewerkschaften, wobei mir bisher noch keiner schlüssig erklären könnte, warum es deren gleich so viele braucht (GdP, DpolG,...) wenn es sich dabei doch um Beamte handelt. Andererseits könnte dies auch die Schwankungsbreite bei den Zahlen erklären.
Diese reicht von 50 Millionen Euro bis hin zu neuerdings 100 Millionen Euro. Scheinbar alles Kosten, die ohne den Fußball nicht anfallen würden, sonst würde man diese Zahlen wohl kaum in den Raum schmeißen. Vielleicht hilft ja ein kleiner Blick in die Zahlen , um das Geschrei welches hierum gemacht wird gerade zu rücken:
Der deutsche Profifußball bringt dem Bund pro Jahr 1,5 Milliarden Euro an Steuern und ist damit zu 0,1 Prozent an den Einnahmen des Staatshaushaltes beteiligt.
Und wo ich gerade bei Zahlen bin, die Jahresberichte der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze lesen sich jetzt auch nicht unbedingt so, als wäre das Mediengeschrei gerechtfertigt. Und es sind sowieso mehrere Dinge die an den Debatten der letzten Wochen mir persönlich ein wenig sauer aufstoßen.
Da wäre zum einen die Fixierung auf die Kosten für Polizeieinsätze. Was zu kurz kommt, ist das, was der Fußball für die Gesellschaft leistet. Hört sich hochtrabend an? Nun, was Fans und sonstige Verantwortliche so alles auf die Beine stellen, seien es Fußballturniere untereinander, sei es Engagement in Fanzusammenschlüssen, das findet medial so gut wie keine Beachtung. Die Schickeria München, die Ultras eines gewissen Harlachinger Vereins, veranstalten seit Jahren beispielsweise ein Antirassistisches Fußballturnier und sind auch sonst sehr aktiv im Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Co. Solche Beispiele ließen sich mit Sicherheit für jeden Verein samt Fans finden, ich hab hier nur einfach mal den Branchenprimus genommen. Vorletztes Wochenende waren die Löwenfans gegen Rechts auf ein Turnier samt Jubiläumsfeier nach Berlin eingeladen. Auch hier, auf dem Turnier des FC Franziskaner THC trafen sich Fans aus allen Himmelsrichtungen, sogar Italiener waren extra angereist. Auch hier: komplett ehrenamtliche Organisation. Von dem Engagement, welches ich die letzte Saison im Amateurbereich erlebt habe ganz zu schweigen.
Da wird Jugendlichen eine Heimat geboten, Turniere ebenso wie Sommerfeste und Ähnliches auf die Beine gestellt, mediale Erwähnung findet all dies nicht.
Während die Polizeigewerkschaften also medienwirksam immer wieder, teils hanebüchene, Forderungen aufstellen, fehlt es bei der Prävention an allen Ecken und Enden. Die Fanprojekte klagen über chronisch klamme Kassen, die Kosten für Polizeiensätze und Prävention stehen dagegen in einem krassen Missverhältnis. Andererseits werden Fanprojekte dann ganz gern mal medial als Schuldige hingestellt.
Der wild gewordene Medienmob der letzten Wochen hat mich ein wenig sprachlos gemacht. Ebenso diejenigen, welche sich nun gern als Hüter der Ordnung aufspielen und die harte Hand fordern. Es werden bürgerkriegsähnliche Zustände hergeschrieben. Es werden Behauptungen, wie beispielsweise die der Polizeigewerkschaften, ohne zu hinterfragen abgedruckt. Die Debatte findet dermaßen weitab jeglicher Realitäten statt, dass man nicht weiß, wo man anfangen sollte mit Fakten und Argumenten versuchen dagegen zu halten. Ich hoffe inständig, dass man sich endlich einmal besinnt und nicht versucht sich mit Horrormeldungen wie auch Maximalforderungen nach Bestrafungen zu übertreffen. Ich hoffe, man besinnt sich auch wieder auf die positiven Aspekte, die das Vereinsleben bringt und geht die Probleme die es unbestreitbar gibt – Rassismus, Antisemitismus, ja, auch Gewalt – an. Und dies kann nur gemeinsam geschehen. Die Schützengräben, die man in den letzten Wochen gegraben hat, helfen hierbei mit Sicherheit nicht.
Wie Fan-Anwalt Marco Noli im Interview schon richtig festgestellt hat:
Die meisten Medien haben häufiger einen Reflex zu skandalisieren und sind an einer sachlichen Diskussion gar nicht interessiert. Mittlerweile hat diese Hysterie das Ausmaß einer Hetzkampagne gegen Fußballfans erreicht. Das halte ich für sehr gefährlich. Begriffe wie »Randale«, »Krawalle« und »Ausschreitungen« werden völlig undifferenziert und inflationär verwendet. Die gesamte öffentliche Debatte ist völlig von der Realität abgedriftet.
Mit den mittlerweile hervorgebrachten Forderungen dürfte es da nicht anders ausschauen. Mal kurz aufgezählt, wer die Forderungen auf den Tisch gebracht hat und was meiner Meinung nach davon zu halten ist:
Innenminister Friedrich fordert also die Abschaffung der Stehplätze. Interessant wird’s, wenn man bedenkt, dass die Arena in Düsseldorf über gar keine Stehplätze verfügt sondern ein reines Sitzplatzstadion ist. In England zum Beispiel, welches als Beispiel gern mal genommen wird, gibt es ja mittlerweile Bestrebungen das Stehplatzverbot aufzuheben. Dass die Abschaffung der Stehplätze der Atmosphäre in den Stadien nicht unbedingt zuträglich war dürfte ein Grund sein dafür sein ebenso wie die horrenden Preise die sich manch Normalverdiener nicht mehr leisten kann und will. Allerdings könnte man Friedrichs Forderung auch konsequent weiter denken und das StewardCall einführen in den Stadien der Profivereine Deutschlands.
Eine weitere Forderung war die, Zuschauer in Sippenhaft zu nehmen mithilfe eines schwarzen Vorhangs der heruntergelassen wird wenn jemand im Block Pyrotechnik zündet. Der Vorschlag verdient ebenso viel Beachtung wie der nach Fußfesseln für Hooligans. Nur kurz sei angemerkt, dass dies alles nach einem Spiel diskutiert wird bei dem die Bilanz bei weitem nicht das im Anschluss folgende Geschrei rechtfertigt. Eine Forderung welche gefühlt alle zwei Wochen auf den Tisch gebracht wird und dann auch mit Leidenschaft auch in nicht gar so fußballaffinen Kreisen befürwortet wird, ist die Forderung nach einer finanziellen Beteiligung der Vereine an den Kosten der Polizei-Einsätze. Immer wieder hervorgebracht wird diese Forderung übrigens von den Polizeigewerkschaften, wobei mir bisher noch keiner schlüssig erklären könnte, warum es deren gleich so viele braucht (GdP, DpolG,...) wenn es sich dabei doch um Beamte handelt. Andererseits könnte dies auch die Schwankungsbreite bei den Zahlen erklären.
Diese reicht von 50 Millionen Euro bis hin zu neuerdings 100 Millionen Euro. Scheinbar alles Kosten, die ohne den Fußball nicht anfallen würden, sonst würde man diese Zahlen wohl kaum in den Raum schmeißen. Vielleicht hilft ja ein kleiner Blick in die Zahlen , um das Geschrei welches hierum gemacht wird gerade zu rücken:
Der deutsche Profifußball bringt dem Bund pro Jahr 1,5 Milliarden Euro an Steuern und ist damit zu 0,1 Prozent an den Einnahmen des Staatshaushaltes beteiligt.
Und wo ich gerade bei Zahlen bin, die Jahresberichte der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze lesen sich jetzt auch nicht unbedingt so, als wäre das Mediengeschrei gerechtfertigt. Und es sind sowieso mehrere Dinge die an den Debatten der letzten Wochen mir persönlich ein wenig sauer aufstoßen.
Da wäre zum einen die Fixierung auf die Kosten für Polizeieinsätze. Was zu kurz kommt, ist das, was der Fußball für die Gesellschaft leistet. Hört sich hochtrabend an? Nun, was Fans und sonstige Verantwortliche so alles auf die Beine stellen, seien es Fußballturniere untereinander, sei es Engagement in Fanzusammenschlüssen, das findet medial so gut wie keine Beachtung. Die Schickeria München, die Ultras eines gewissen Harlachinger Vereins, veranstalten seit Jahren beispielsweise ein Antirassistisches Fußballturnier und sind auch sonst sehr aktiv im Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Co. Solche Beispiele ließen sich mit Sicherheit für jeden Verein samt Fans finden, ich hab hier nur einfach mal den Branchenprimus genommen. Vorletztes Wochenende waren die Löwenfans gegen Rechts auf ein Turnier samt Jubiläumsfeier nach Berlin eingeladen. Auch hier, auf dem Turnier des FC Franziskaner THC trafen sich Fans aus allen Himmelsrichtungen, sogar Italiener waren extra angereist. Auch hier: komplett ehrenamtliche Organisation. Von dem Engagement, welches ich die letzte Saison im Amateurbereich erlebt habe ganz zu schweigen.
Da wird Jugendlichen eine Heimat geboten, Turniere ebenso wie Sommerfeste und Ähnliches auf die Beine gestellt, mediale Erwähnung findet all dies nicht.
Während die Polizeigewerkschaften also medienwirksam immer wieder, teils hanebüchene, Forderungen aufstellen, fehlt es bei der Prävention an allen Ecken und Enden. Die Fanprojekte klagen über chronisch klamme Kassen, die Kosten für Polizeiensätze und Prävention stehen dagegen in einem krassen Missverhältnis. Andererseits werden Fanprojekte dann ganz gern mal medial als Schuldige hingestellt.
Der wild gewordene Medienmob der letzten Wochen hat mich ein wenig sprachlos gemacht. Ebenso diejenigen, welche sich nun gern als Hüter der Ordnung aufspielen und die harte Hand fordern. Es werden bürgerkriegsähnliche Zustände hergeschrieben. Es werden Behauptungen, wie beispielsweise die der Polizeigewerkschaften, ohne zu hinterfragen abgedruckt. Die Debatte findet dermaßen weitab jeglicher Realitäten statt, dass man nicht weiß, wo man anfangen sollte mit Fakten und Argumenten versuchen dagegen zu halten. Ich hoffe inständig, dass man sich endlich einmal besinnt und nicht versucht sich mit Horrormeldungen wie auch Maximalforderungen nach Bestrafungen zu übertreffen. Ich hoffe, man besinnt sich auch wieder auf die positiven Aspekte, die das Vereinsleben bringt und geht die Probleme die es unbestreitbar gibt – Rassismus, Antisemitismus, ja, auch Gewalt – an. Und dies kann nur gemeinsam geschehen. Die Schützengräben, die man in den letzten Wochen gegraben hat, helfen hierbei mit Sicherheit nicht.
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