Fachkräftemangel?
Die Industrie schlägt Alarm, denn es fehlen Ingenieure will uns der Spiegel heute weismachen. Auf den ersten Blick folgt auf diese Meldung ungläubiges Staunen, auf den zweiten ein amüsiertes Grinsen, auf den dritten Wut ob dieser schamlosen Propaganda.

Es möge doch jeder einmal die Stellenanzeigen in der Zeitung seiner Wahl befragen. Oder aber Onlinebörsen durchsuchen. Und alles immer mit einem kritischen Auge. Was man dort zu sehen bekommt lässt dann viele schon klarer erscheinen. Denn grob gesagt wird heute der 25jährige flexible und kinderlose Mitarbeiter gesucht mit 10 Jahren Berufserfahrung, Auslandsstudium, drei Sprachen als Muttersprache, weiteren fünf Sprachen verhandlungssicher und außerdem einem Wust an Spezialkenntnissen. Und das alles um die Ablage zu machen und sich an den Kopierer zu stellen. Achja, Bindungen familiärer und sozialer Art sind da natürlich nur hinderlich, man solle doch flexibel sein und möglichst wenig kosten.

Das mag sich jetzt alles etwas übetrieben anhören, aber ein einfacher Blick in die Stellenangebote hilft. Und wehe dem Arbeitslosen/-suchenden welcher nicht genau die Kenntnisse in Programm XY und Software AC hat, sondern nur die Kenntnisse in Programm XZ mit leicht abgeänderter Benutzeroberfläche aber von anderem Hersteller. Oder aber dessen Kenntnisse leicht eingerostet sind da er bereits seit mehreren Wochen/Monaten vergeblich eine neue Stelle sucht. Bereitschaft es mit einem Bewerber zu versuchen welcher nur zu 80% auf das Profil passt ist keine vorhanden. Ebensowenig die Bereitschaft selbst auszubilden und/oder jemanden weiterzubilden. Kost ja alles nur Geld, ist ein unnötiger Posten. Da jammert man lieber medial möglichst wirksam über einen angeblichen Fachkräftemangel.

Wer außerdem meint das am Arbeitsmarkt die Gesetze des Marktes herrschen, also Angebot und Nachfrage über den Preis bestimmen, sieht ebenfalls Erstaunliches. Wer jung ist und gerade sein Studium abgeschlossen hat, dem fehlt natürlich die Erfahrung und er wird mit weniger abgespeist. Und wer zum "alten Eisen" gehört der soll doch bitteschön froh sein wenn sein Gehalt über dem ALGII-Satz liegt. Kenntnisse jeglicher Art, Erfahrung in Spezialgebieten, besondere Fähigkeiten sind nicht das geringste wert, zumindest nichts was sich auf dem Gehaltszettel zeigt. So soll ein Ingenieur eben für 2200 Euro brutto arbeiten, und gefälligst froh sein das er eine Arbeit hat. Greifen jedoch hier die Gesetze des Marktes und der Ingenieur geht ins Ausland, wo seine Leistungen entsprechend honoriert werden, dann....ja dann wird wieder der Fachkräftemangel bejammert und die Politik aufgefordert gefälligst Lösungen zu suchen. Hauptsache man bekommt selbst nicht den Hintern hoch, sollen doch die anderen die selbst eingebrockte Suppe auslöffeln.

Apropos selbst eingebrockt......Es erinnert sich bestimmt noch der ein oder andere an die Entlassungswellen die immer wieder quer durch die Unternehmen gingen. Kosten mussten ja gespart , die Belegschaft verjüngt, "überschüssiges" Personal abgebaut werden. Macht unter anderem einen guten Eindruck auf Jugendliche welche sich für einen Beruf, einen Bildungsweg entscheiden müssen. Außerdem wurden so viele Fachkräfte freigesetzt, und es stellt sich die Frage wo diese denn nun hingekommen sind. Verschwunden werden sie kaum sein. Auch hier helfen Kontakt mit Betroffenen wie auch der genaue Blick in die Stellenangebote. Wer nicht in völlig sinnentleerten Maßnahmen auf Ein-Euro-Basis dahinvegetiert, der ist schlicht und ergreifend zu alt. Ab einer unsichtbaren Grenze von ungefähr 40 Jahren ist man nahezu chancenlos auf dem Bewerbermarkt. Oder aber man hat die falschen/nicht ausreichenden Kenntnisse. Und dann....fällt man durchs Raster und es wird weiterhin über einen Fachkräftemangel gejammert.

Anstatt mal selbst anzupacken werden so weiterhin Forderungen gestellt die andere erfüllen sollen. Und so werden weiterhin die Gründe und Ursachen die zu einer solchen Entwicklung führen verschleiert und fleißig von den Arbeitgebern die Hand aufgehalten.
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