Nazis bei 60? Hoppala
tl;dr: Yop, beim TSV 1860 gibt’s Nazis, nö, ungefährlich sindse nich, und Löwenfans wie Du und ich gleich zweimal nicht, aber man ist auf nem guten Weg beim TSV, immerhin
Am Freitag den 19.10.2012 steht ein Vortrag beim Wunsiedler Forum an. Der Anlass ist evtl. mal ganz passend um hier zusammenzutragen, was es denn mit diesen Nazis beim TSV München von 1860 so auf sich hat und ein paar W-Fragen werden bei dieser Gelegenheit ja vielleicht auch gleich mit beantwortet.
Bei Sechzig gibt’s doch keine Nazis
So, jetzt muss er kurz ausholen, der Chris (ich verabschiede mich damit schonmal bei 90% der neugierigen Mitleser :D )
Bis Ende des Jahres 2007 gehörte ich zu den Fans, deren Interesse an Fußball mit dem Besuch der Spiele bereits ausreichend Genüge getan war. Unter der Woche wurde mit dem ein oder anderen Kollegen/Freund/Bekannten ein wenig gefrotzelt, insbesondere wenn es sich dabei um einen Anhänger des Vereins mit dem Rautenstoppschild als Logo handelte. Engagement in Fanclubs oder sonstigen Organisationen, Diskussionen im Internet oder auch außerhalb: Fehlanzeige. Dann kam der, bereits hier im Blog ausreichend dokumentierte, 09.12.2007. Ein Trupp dezent übermotivierter Beamter des Unterstützungskommando (USK) meinte, so ein Fußballfan eigne sich doch prima um die neuen Schlagstöcke zu testen und ein wenig mit Pfefferspray um sich zu sprühen. Was folgte war, neben einer jahrelangen Justizposse die sich immer noch hinzieht (aktueller Stand: vorm Bundesverfassungsgericht gelandet, der Spaß), ein gesteigertes Interesse meinerseits am Kontakt mit Gleichgesinnten. Dieser blöde Gerechtigkeitssinn sorgte also dafür, dass Anmeldungen in Fanforen auf vermehrten Besuch von Spielen folgte. Treffen von Fanorganisatoren wurden in der Folge des Polizeieinsatzes auch öfter besucht.
In der Natur der Sache liegt, dass einem als Fan so auch eher Dinge auffallen, die innerhalb der Fanszene schief laufen. Fans die das U-Bahn-Lied anstimmen, „Jude Jude“-Rufe auf Auswärtsfahrten, „Ajax ist ein Judenclub“ und ähnliches sorgten dann doch für ein leichtes da-stimmt-was-nicht-Gefühl. Ganz praktisch in dem Zusammenhang, dass bei den Löwenfans gegen Rechts (LfgR) die Fäden zusammen liefen und laufen was die Klage aufgrund oben beschriebenen Polizeieinsatzes betrifft. Die LfgR verfügen über langjährige Erfahrung im Umgang mit den werten Herren, welche gern oben genanntes Liedgut schmettern oder durch ähnliches auffällig werden. Und da man auch bereit war, Hilfe von außen anzunehmen, weiß man doch recht gut Bescheid darüber, wer sich alles in den eigenen Fanreihen tummelt. Ein Blick in Block 132 der bei den Löwenfans heiß geliebten Arena zu Fröttmaning offenbart also ein buntes Sammelsurium an Vertretern von Kameradschaften, Organisatoren rechter Konzerte und Aufmärsche oder aber Mitläufer und Claquere. Und auch wer die in letzter Zeit vermehrt stattfindenden Aufmärsche rechter Gruppierungen und Tarnorganisationen wie beispielsweise der Bürgerinitiative Ausländerstopp besucht, der findet auf beiden Seiten Löwenfans. Es ist noch gar nicht so lang her, als bei einem Aufmarsch des ultrarechten Freien Netzes Süd in München in der ersten Reihe ein recht prominenter Vertreter aus Block 132 mit marschierte. Was er neben dem Transparent trug war: ein Sechzig-Pulli.
…aber die tun doch gar nix, erst Recht nicht wenn wir Ihnen nix tun!
Erst kürzlich in den 11Freunde zu lesen war ein Interview eines Vorsängers aus der Kurve der Braunschweiger Löwen. Auch hier gibt es scheints ein Nazi-Problem was eine Fanorganisation mithilfe einer Publikation recht anschaulich belegen konnte. Sehr interessant unter anderem folgender Auszug aus dem Interview:
Was ist mit den anderen Gruppen, die in der Broschüre angesprochen werden? Zum Beispiel die »Nord Power Dogs« oder den »Fetten Schweine«?
Die sind noch da, und ja, die haben auch rechte Tendenzen. Doch noch einmal: Wir stören uns nicht daran, solange diese Leute uns nichts tun.
Nun braucht aber keiner mit dem Finger auf die bösen Braunschweiger zu zeigen. Ähnliches vernimmt mensch doch desöfteren, sei es im Kollegenkreis oder aber, Überraschung, von Fans des eigenen Vereins. Nur, sind sie wirklich so harmlos, die Nazis? Nun, zuerst sollte mal mit einem Vorurteil aufgeräumt werden: Doof sindse nich, die Nazis. Sie wissen meist sehr gut, wo sie sich was erlauben können. Das offene Zeigen von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen unterbleibt innerhalb der nahezu perfekt kameraüberwachten Arenen meist. Sollte dann doch mal der ein oder andere Ordner darum bitten, Symbole und Codes, derer sich die Ultrarechten gern bedienen, abzukleben so präsentiert man stolz vor Gleichgesinnten das Abgeklebte. Allerdings wird jede noch so kleine Chance die sich einem bietet auch genutzt. Dank einer aufmerksamen Fanszene konnte immerhin verhindert werden, dass im Sechzgerstadion bei Spielen der Amateure Flyer verteilt werden für Aufmärsche rechter Organisationen. In der weitläufigen Arena in Fröttmaning ist dies ungleich schwieriger. Wie zufällig liegen dann auf dem Toilettenboden die Flyer verstreut und Aufkleber mit mehrheitsfähigen Forderungen wie „Todesstrafe für Kinderschänder“ und ähnliches findet man nicht selten irgendwo verklebt. Auch, dass von der aktiven Fanszene der Ersatzspielort in Ismaning nicht wirklich angenommen wird, wird nun gern ausgenutzt. Wenn unter den 150 Zuschauern, meist Familienväter samt Spross, ungefähr 10-15 lautstarke Nazis sich befinden, fällt sowas recht fix auf. Zum „Sieg“-Gebrülle noch ein „Heil“ mit anhängen, wie zufällig bei einer Ecke den rechten Arm erhoben haben und im Anschluss an ein Spiel noch schöne Bilder fürs Album mit den Spielern. Ja, so lässt sichs leben.
Fühlt man sich unbeobachtet, ist der Alkoholpegel hoch genug oder aber ist sonst irgendwie die Situation grad scheinbar passend, werden auch schon mal (vermeintlich) ausländische Mit- und Gegenspieler mit den entsprechenden Sprüchen belegt oder Fans angepöbelt wobei es egal zu sein scheint, ob diese nun Anhänger des eigenen oder des gegnerischen Vereins sind. Dass man gern auf fahrende Züge aufspringt war vonseiten der Nazis sehr gut zu sehen, als die Emotionen rund um den Verkauf der Profiabteilungen hochkochten und sich die Fankurve versuchte an den Ultras abzuarbeiten. Das durch den „Stimmungs-Boykott“ der Ultra-Organisation „Cosa Nostra“ entstandene Vakuum wurde blitzschnell ausgenutzt, selbst Stimmung gemacht und die vorherrschende feindliche Stimmung gegen die Ultras noch mit angeheizt. Handgreiflich wurde man schlussendlich auch noch.
Der Verein soll…
„Dann schmeißt sie halt raus, RAUS MIT DEN DEPPEN“….schalmeit es quer durch die Fanforen, Kommentarspalten und vernimmt mensch auch ab und zu im persönlichen Gespräch. Einfacher gesagt als getan. Wie bereits beschrieben, wissen die Kameraden von rechts ganz genau, was sie sich erlauben können. Ein Stadionverbot zu riskieren wagen sie nicht. Und das „Gesinnungsjustiz“-Gebrüll kommt nicht nur aus dem Nazi-Eck ganz gern, wenn die Stadionverbots-Forderungen aufkommen. Untätig ist der Verein allerdings mittlerweile auch nicht mehr. Die Zeiten, in denen die Führungsetage gefühlt im Monatstakt komplett durchgewechselt wurde sind ja mittlerweile vorbei. Ständig wechselnde Ansprechpartner waren im Kontakt mit dem Verein nicht unbedingt hilfreich damals. Desweiteren brannte entweder gerade der finanzielle oder der sportliche Baum oder der ganze Wald den man vor lauter Bäumen nicht sah. Wurde der Verein auf die Nazi-Thematik angesprochen, so verwies man gern auf die Löwenfans gegen Rechts. Julius-Hirsch-Preis-Träger. Engagiert. Als „Mitglied“ bei den LfgR konnte man sich da desöfteren des Gefühls nicht erwehren, als Feigenblatt benutzt worden zu sein um die Untätigkeit seitens des Vereins zu verdecken.
Aber mittlerweile scheint sich da doch das ein oder andere zum Positiven gewendet zu haben. Nicht nur die personelle Kontinuität sorgte in letzter Zeit dafür, dass man, das Thema Nazis betreffend, bei 1860 auf ein offenes Ohr stieß. Vereinsverantwortliche äußerten sich bereits mehrmals recht eindeutig, in der Stadionzeitung wie auch im Vereinsblatt wurde sich recht eindeutig positioniert. Es bleibt hier zu hoffen, dass es nicht nur bei diesen Äußerungen wie auch bei durch Spieler gezeigten Spruchbändern bleibt. Wie wäre es beispielsweise mit Ordnerschulungen, damit diese rechte Symbole und Codes, hinter denen sich die Kameraden gern verstecken, leichter erkennen können? Oder aber einer Kampagne die dafür sorgt, dass auch eine viel breitere Masse an Fans begreift, wer sich da in den eigenen Reihen tummelt. Codes, Symbole, verklausulierte Sprüche, all das sind recht eindeutige Merkmale die dank des Vereins und seiner Möglichkeiten so an den Fan gebracht werden können. Vor lauter „Gegen Ausgrenzung, Rassismus und Co.“ sollte auch nicht aus den Augen verloren werden, wofür man kämpft. Sich auf die Seite derer stellen, die gern ausgegrenzt werden könnte hier ebenso Teil einer Kampagne sein.
Die Löwenfans gegen Rechts sollen…
Recht einfach, jetzt erstmal seine Forderungen an den Verein zu stellen, gell. Nun, die LfgR waren die letzten Jahre nicht unbedingt untätig. Dank ihrer Beobachtungen weiß man mittlerweile sehr genau, wer sich in der Fankurve tummelt. Nicht nur wurde Hilfe von außen in Anspruch genommen, um mehr über die Kader und Strukturen zu erfahren, auch wurde der Kontakt zum Verein immer versucht aufrecht zu erhalten um auch diesen über die Gefahr aus der eigenen Fanszene auf dem Laufenden zu halten. Als eine Ausstellung – Tatort Stadion 2 – nach München geholt werden sollte, holten sich die Löwenfans gegen Rechts schon aufgrund fehlender Manpower Hilfe von außen. Bestehende Kontakte wurden genutzt und neue geknüpft. Bei letzterem hilft dann gelegentlich auch der Zufall. Wenn eine Podiumsdiskussion, zu der mensch eingeladen wurde, sich als reine Wahlkampfveranstaltung herausstellt so hilft es ungemein, wenigstens die Kontakte die man geknüpft hat zu nutzen. Die LfgR verfügen mittlerweile nicht nur über ein breites Netzwerk das man zu nutzen weiß, sie sind auch recht breit aufgestellt. Vom Arenagänger bis zum –verweiger, von jung bis alt trifft man auf den Stammtischen oder bei Infoständen alle möglichen Löwenfans an. Mit Aktionen wie bereits erwähnter Ausstellung wurde und wird Aufklärung betrieben und auch das Fanzine , welches nach zweijähriger Pause endlich wieder erscheinen wird, wird gern mit Infos und Artikeln befüllt. Die LfgR sind im Fanrat vertreten, befinden sich im Austausch mit ähnlichen Initiativen, haben mittlerweile ein eigenes Profil bei Facebook und auch der neu gestaltete Internetauftritt wird versucht aktuell zu halten. Und damit der Spaß nicht zu kurz kommt, gibt’s auch eine Fußballmannschaft die sich gelegentlich zum Training trifft. Ach und Konzerte werden/wurden auch veranstaltet und....reicht erstmal, bevor das hier noch zum reinen Werbebeitrag wird.
Alles im Lot aufm Boot?
1860 ist in einer relativ komfortablen Lage. Es existiert ein Bewusstsein, auch innerhalb der Fanszene, für die Gefahr durch die Feinde der Demokratie. Durch den Einsatz engagierter Fans ist es beim TSV noch möglich, sich für Toleranz und gegen Ausgrenzung einzusetzen, ohne dass dies gleichzeitig von der Vereinsführung wissentlich torpediert wird, wie bei Alemannia Aachen . Auch ein Polizeischutz für engagierte Fans, wie bei Eintracht Braunschweig ist nicht notwendig. Beim TSV, also den Münchner Löwen, ist man also relativ weit und auch recht gut vernetzt. Ausruhen sollte man sich allerdings nicht.
Denn auch „unsere“ Nazis versuchen es immer wieder, sich als arme, von einer linken Systempresse/Öffentlichkeit verfolgte Opfer darzustellen. Bei zu vielen verfängt leider immer wieder dies, insbesondere wenn man sich so als Rebell gegen eine angebliche Diktatur der “Political Correctness“ aufspielen kann. Auch gibt man sich immer wieder betont unpolitisch und verweist auf „Politik raus aus dem Stadion“. Die Diskriminierung, aufgrund welches Grundes auch immer, die man selbst pflegt, gehört dann wohl nach Meinung der Nazis nicht zum Themenfeld „Politik“. Ob Gleichsetzung von Rechts und Links, Okkupation vermeintlich linker Symbole und Codes oder ähnlichem....kreativ sind sie. Und nicht immer auf den ersten Blick als diejenigen zu erkennen der sie sind: der Wolf im Schafspelz.
Bei allen (geplanten) Aktionen seitens des Vereins - mal gespannt ob da noch mehr kommt - klafft da immer noch eine Lücke. Die Jahre zwischen 1926 und 1945 finden in der Historie des Vereins nicht statt. Eine peinliche Lücke also, die nur notdürftig abgedeckt wird. Allerdings nicht durch den Verein, sondern einen Autor. Die Löwen unterm Hakenkreuz heißt der Lückenfüller. Zwar sehr trocken geschrieben aber trotzdem durchaus interessant und nicht unbedingt schmeichelhaft für den TSV.
Darüber hinaus gibt es noch Themenfelder, die bei den Löwenfans bisher noch zur Gänze brach lagen. Das Thema Homophobie gehört hier leider dazu. Bisher gibt es noch keinen einzigen Fanclub oder eine sonstige Organisation, die sich für die Rechte homo-/bisexueller Löwenfans einsetzt. Da haben uns sogar die Fans des Seitenstraßenvereins etwas voraus. Und das obwohl die Chance, dass in der Fankurve zu 100% heterosexuelle Fans sich aufhalten bei ziemlich genau 0% liegt. Eine Fankurve, nahezu frei von Intoleranz und Diskriminierung scheint eine Utopie. Aber auf den Weg in diese Richtung kann man sich zumindest schon mal begeben.
Am Freitag den 19.10.2012 steht ein Vortrag beim Wunsiedler Forum an. Der Anlass ist evtl. mal ganz passend um hier zusammenzutragen, was es denn mit diesen Nazis beim TSV München von 1860 so auf sich hat und ein paar W-Fragen werden bei dieser Gelegenheit ja vielleicht auch gleich mit beantwortet.
Bei Sechzig gibt’s doch keine Nazis
So, jetzt muss er kurz ausholen, der Chris (ich verabschiede mich damit schonmal bei 90% der neugierigen Mitleser :D )
Bis Ende des Jahres 2007 gehörte ich zu den Fans, deren Interesse an Fußball mit dem Besuch der Spiele bereits ausreichend Genüge getan war. Unter der Woche wurde mit dem ein oder anderen Kollegen/Freund/Bekannten ein wenig gefrotzelt, insbesondere wenn es sich dabei um einen Anhänger des Vereins mit dem Rautenstoppschild als Logo handelte. Engagement in Fanclubs oder sonstigen Organisationen, Diskussionen im Internet oder auch außerhalb: Fehlanzeige. Dann kam der, bereits hier im Blog ausreichend dokumentierte, 09.12.2007. Ein Trupp dezent übermotivierter Beamter des Unterstützungskommando (USK) meinte, so ein Fußballfan eigne sich doch prima um die neuen Schlagstöcke zu testen und ein wenig mit Pfefferspray um sich zu sprühen. Was folgte war, neben einer jahrelangen Justizposse die sich immer noch hinzieht (aktueller Stand: vorm Bundesverfassungsgericht gelandet, der Spaß), ein gesteigertes Interesse meinerseits am Kontakt mit Gleichgesinnten. Dieser blöde Gerechtigkeitssinn sorgte also dafür, dass Anmeldungen in Fanforen auf vermehrten Besuch von Spielen folgte. Treffen von Fanorganisatoren wurden in der Folge des Polizeieinsatzes auch öfter besucht.
In der Natur der Sache liegt, dass einem als Fan so auch eher Dinge auffallen, die innerhalb der Fanszene schief laufen. Fans die das U-Bahn-Lied anstimmen, „Jude Jude“-Rufe auf Auswärtsfahrten, „Ajax ist ein Judenclub“ und ähnliches sorgten dann doch für ein leichtes da-stimmt-was-nicht-Gefühl. Ganz praktisch in dem Zusammenhang, dass bei den Löwenfans gegen Rechts (LfgR) die Fäden zusammen liefen und laufen was die Klage aufgrund oben beschriebenen Polizeieinsatzes betrifft. Die LfgR verfügen über langjährige Erfahrung im Umgang mit den werten Herren, welche gern oben genanntes Liedgut schmettern oder durch ähnliches auffällig werden. Und da man auch bereit war, Hilfe von außen anzunehmen, weiß man doch recht gut Bescheid darüber, wer sich alles in den eigenen Fanreihen tummelt. Ein Blick in Block 132 der bei den Löwenfans heiß geliebten Arena zu Fröttmaning offenbart also ein buntes Sammelsurium an Vertretern von Kameradschaften, Organisatoren rechter Konzerte und Aufmärsche oder aber Mitläufer und Claquere. Und auch wer die in letzter Zeit vermehrt stattfindenden Aufmärsche rechter Gruppierungen und Tarnorganisationen wie beispielsweise der Bürgerinitiative Ausländerstopp besucht, der findet auf beiden Seiten Löwenfans. Es ist noch gar nicht so lang her, als bei einem Aufmarsch des ultrarechten Freien Netzes Süd in München in der ersten Reihe ein recht prominenter Vertreter aus Block 132 mit marschierte. Was er neben dem Transparent trug war: ein Sechzig-Pulli.
…aber die tun doch gar nix, erst Recht nicht wenn wir Ihnen nix tun!
Erst kürzlich in den 11Freunde zu lesen war ein Interview eines Vorsängers aus der Kurve der Braunschweiger Löwen. Auch hier gibt es scheints ein Nazi-Problem was eine Fanorganisation mithilfe einer Publikation recht anschaulich belegen konnte. Sehr interessant unter anderem folgender Auszug aus dem Interview:
Was ist mit den anderen Gruppen, die in der Broschüre angesprochen werden? Zum Beispiel die »Nord Power Dogs« oder den »Fetten Schweine«?
Die sind noch da, und ja, die haben auch rechte Tendenzen. Doch noch einmal: Wir stören uns nicht daran, solange diese Leute uns nichts tun.
Nun braucht aber keiner mit dem Finger auf die bösen Braunschweiger zu zeigen. Ähnliches vernimmt mensch doch desöfteren, sei es im Kollegenkreis oder aber, Überraschung, von Fans des eigenen Vereins. Nur, sind sie wirklich so harmlos, die Nazis? Nun, zuerst sollte mal mit einem Vorurteil aufgeräumt werden: Doof sindse nich, die Nazis. Sie wissen meist sehr gut, wo sie sich was erlauben können. Das offene Zeigen von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen unterbleibt innerhalb der nahezu perfekt kameraüberwachten Arenen meist. Sollte dann doch mal der ein oder andere Ordner darum bitten, Symbole und Codes, derer sich die Ultrarechten gern bedienen, abzukleben so präsentiert man stolz vor Gleichgesinnten das Abgeklebte. Allerdings wird jede noch so kleine Chance die sich einem bietet auch genutzt. Dank einer aufmerksamen Fanszene konnte immerhin verhindert werden, dass im Sechzgerstadion bei Spielen der Amateure Flyer verteilt werden für Aufmärsche rechter Organisationen. In der weitläufigen Arena in Fröttmaning ist dies ungleich schwieriger. Wie zufällig liegen dann auf dem Toilettenboden die Flyer verstreut und Aufkleber mit mehrheitsfähigen Forderungen wie „Todesstrafe für Kinderschänder“ und ähnliches findet man nicht selten irgendwo verklebt. Auch, dass von der aktiven Fanszene der Ersatzspielort in Ismaning nicht wirklich angenommen wird, wird nun gern ausgenutzt. Wenn unter den 150 Zuschauern, meist Familienväter samt Spross, ungefähr 10-15 lautstarke Nazis sich befinden, fällt sowas recht fix auf. Zum „Sieg“-Gebrülle noch ein „Heil“ mit anhängen, wie zufällig bei einer Ecke den rechten Arm erhoben haben und im Anschluss an ein Spiel noch schöne Bilder fürs Album mit den Spielern. Ja, so lässt sichs leben.
Fühlt man sich unbeobachtet, ist der Alkoholpegel hoch genug oder aber ist sonst irgendwie die Situation grad scheinbar passend, werden auch schon mal (vermeintlich) ausländische Mit- und Gegenspieler mit den entsprechenden Sprüchen belegt oder Fans angepöbelt wobei es egal zu sein scheint, ob diese nun Anhänger des eigenen oder des gegnerischen Vereins sind. Dass man gern auf fahrende Züge aufspringt war vonseiten der Nazis sehr gut zu sehen, als die Emotionen rund um den Verkauf der Profiabteilungen hochkochten und sich die Fankurve versuchte an den Ultras abzuarbeiten. Das durch den „Stimmungs-Boykott“ der Ultra-Organisation „Cosa Nostra“ entstandene Vakuum wurde blitzschnell ausgenutzt, selbst Stimmung gemacht und die vorherrschende feindliche Stimmung gegen die Ultras noch mit angeheizt. Handgreiflich wurde man schlussendlich auch noch.
Der Verein soll…
„Dann schmeißt sie halt raus, RAUS MIT DEN DEPPEN“….schalmeit es quer durch die Fanforen, Kommentarspalten und vernimmt mensch auch ab und zu im persönlichen Gespräch. Einfacher gesagt als getan. Wie bereits beschrieben, wissen die Kameraden von rechts ganz genau, was sie sich erlauben können. Ein Stadionverbot zu riskieren wagen sie nicht. Und das „Gesinnungsjustiz“-Gebrüll kommt nicht nur aus dem Nazi-Eck ganz gern, wenn die Stadionverbots-Forderungen aufkommen. Untätig ist der Verein allerdings mittlerweile auch nicht mehr. Die Zeiten, in denen die Führungsetage gefühlt im Monatstakt komplett durchgewechselt wurde sind ja mittlerweile vorbei. Ständig wechselnde Ansprechpartner waren im Kontakt mit dem Verein nicht unbedingt hilfreich damals. Desweiteren brannte entweder gerade der finanzielle oder der sportliche Baum oder der ganze Wald den man vor lauter Bäumen nicht sah. Wurde der Verein auf die Nazi-Thematik angesprochen, so verwies man gern auf die Löwenfans gegen Rechts. Julius-Hirsch-Preis-Träger. Engagiert. Als „Mitglied“ bei den LfgR konnte man sich da desöfteren des Gefühls nicht erwehren, als Feigenblatt benutzt worden zu sein um die Untätigkeit seitens des Vereins zu verdecken.
Aber mittlerweile scheint sich da doch das ein oder andere zum Positiven gewendet zu haben. Nicht nur die personelle Kontinuität sorgte in letzter Zeit dafür, dass man, das Thema Nazis betreffend, bei 1860 auf ein offenes Ohr stieß. Vereinsverantwortliche äußerten sich bereits mehrmals recht eindeutig, in der Stadionzeitung wie auch im Vereinsblatt wurde sich recht eindeutig positioniert. Es bleibt hier zu hoffen, dass es nicht nur bei diesen Äußerungen wie auch bei durch Spieler gezeigten Spruchbändern bleibt. Wie wäre es beispielsweise mit Ordnerschulungen, damit diese rechte Symbole und Codes, hinter denen sich die Kameraden gern verstecken, leichter erkennen können? Oder aber einer Kampagne die dafür sorgt, dass auch eine viel breitere Masse an Fans begreift, wer sich da in den eigenen Reihen tummelt. Codes, Symbole, verklausulierte Sprüche, all das sind recht eindeutige Merkmale die dank des Vereins und seiner Möglichkeiten so an den Fan gebracht werden können. Vor lauter „Gegen Ausgrenzung, Rassismus und Co.“ sollte auch nicht aus den Augen verloren werden, wofür man kämpft. Sich auf die Seite derer stellen, die gern ausgegrenzt werden könnte hier ebenso Teil einer Kampagne sein.
Die Löwenfans gegen Rechts sollen…
Recht einfach, jetzt erstmal seine Forderungen an den Verein zu stellen, gell. Nun, die LfgR waren die letzten Jahre nicht unbedingt untätig. Dank ihrer Beobachtungen weiß man mittlerweile sehr genau, wer sich in der Fankurve tummelt. Nicht nur wurde Hilfe von außen in Anspruch genommen, um mehr über die Kader und Strukturen zu erfahren, auch wurde der Kontakt zum Verein immer versucht aufrecht zu erhalten um auch diesen über die Gefahr aus der eigenen Fanszene auf dem Laufenden zu halten. Als eine Ausstellung – Tatort Stadion 2 – nach München geholt werden sollte, holten sich die Löwenfans gegen Rechts schon aufgrund fehlender Manpower Hilfe von außen. Bestehende Kontakte wurden genutzt und neue geknüpft. Bei letzterem hilft dann gelegentlich auch der Zufall. Wenn eine Podiumsdiskussion, zu der mensch eingeladen wurde, sich als reine Wahlkampfveranstaltung herausstellt so hilft es ungemein, wenigstens die Kontakte die man geknüpft hat zu nutzen. Die LfgR verfügen mittlerweile nicht nur über ein breites Netzwerk das man zu nutzen weiß, sie sind auch recht breit aufgestellt. Vom Arenagänger bis zum –verweiger, von jung bis alt trifft man auf den Stammtischen oder bei Infoständen alle möglichen Löwenfans an. Mit Aktionen wie bereits erwähnter Ausstellung wurde und wird Aufklärung betrieben und auch das Fanzine , welches nach zweijähriger Pause endlich wieder erscheinen wird, wird gern mit Infos und Artikeln befüllt. Die LfgR sind im Fanrat vertreten, befinden sich im Austausch mit ähnlichen Initiativen, haben mittlerweile ein eigenes Profil bei Facebook und auch der neu gestaltete Internetauftritt wird versucht aktuell zu halten. Und damit der Spaß nicht zu kurz kommt, gibt’s auch eine Fußballmannschaft die sich gelegentlich zum Training trifft. Ach und Konzerte werden/wurden auch veranstaltet und....reicht erstmal, bevor das hier noch zum reinen Werbebeitrag wird.
Alles im Lot aufm Boot?
1860 ist in einer relativ komfortablen Lage. Es existiert ein Bewusstsein, auch innerhalb der Fanszene, für die Gefahr durch die Feinde der Demokratie. Durch den Einsatz engagierter Fans ist es beim TSV noch möglich, sich für Toleranz und gegen Ausgrenzung einzusetzen, ohne dass dies gleichzeitig von der Vereinsführung wissentlich torpediert wird, wie bei Alemannia Aachen . Auch ein Polizeischutz für engagierte Fans, wie bei Eintracht Braunschweig ist nicht notwendig. Beim TSV, also den Münchner Löwen, ist man also relativ weit und auch recht gut vernetzt. Ausruhen sollte man sich allerdings nicht.
Denn auch „unsere“ Nazis versuchen es immer wieder, sich als arme, von einer linken Systempresse/Öffentlichkeit verfolgte Opfer darzustellen. Bei zu vielen verfängt leider immer wieder dies, insbesondere wenn man sich so als Rebell gegen eine angebliche Diktatur der “Political Correctness“ aufspielen kann. Auch gibt man sich immer wieder betont unpolitisch und verweist auf „Politik raus aus dem Stadion“. Die Diskriminierung, aufgrund welches Grundes auch immer, die man selbst pflegt, gehört dann wohl nach Meinung der Nazis nicht zum Themenfeld „Politik“. Ob Gleichsetzung von Rechts und Links, Okkupation vermeintlich linker Symbole und Codes oder ähnlichem....kreativ sind sie. Und nicht immer auf den ersten Blick als diejenigen zu erkennen der sie sind: der Wolf im Schafspelz.
Bei allen (geplanten) Aktionen seitens des Vereins - mal gespannt ob da noch mehr kommt - klafft da immer noch eine Lücke. Die Jahre zwischen 1926 und 1945 finden in der Historie des Vereins nicht statt. Eine peinliche Lücke also, die nur notdürftig abgedeckt wird. Allerdings nicht durch den Verein, sondern einen Autor. Die Löwen unterm Hakenkreuz heißt der Lückenfüller. Zwar sehr trocken geschrieben aber trotzdem durchaus interessant und nicht unbedingt schmeichelhaft für den TSV.
Darüber hinaus gibt es noch Themenfelder, die bei den Löwenfans bisher noch zur Gänze brach lagen. Das Thema Homophobie gehört hier leider dazu. Bisher gibt es noch keinen einzigen Fanclub oder eine sonstige Organisation, die sich für die Rechte homo-/bisexueller Löwenfans einsetzt. Da haben uns sogar die Fans des Seitenstraßenvereins etwas voraus. Und das obwohl die Chance, dass in der Fankurve zu 100% heterosexuelle Fans sich aufhalten bei ziemlich genau 0% liegt. Eine Fankurve, nahezu frei von Intoleranz und Diskriminierung scheint eine Utopie. Aber auf den Weg in diese Richtung kann man sich zumindest schon mal begeben.
(Mittwoch, 17. Oktober 2012)
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