Samstag, 23. August 2008
1860 und die Ultras
Unter der Überschrift "1860 reagiert auf die Vorfälle in Mannheim" gab der TSV am Donnerstag eine Presseerklärung heraus. Aus dieser geht hervor das alle Utensilien der Ultragruppierung Cosa Nostra in den beiden Stadien verboten werden und es Stadionverbote geben wird. Was aber war passiert?

Am 15. August spielten die Junglöwen - Amateure oder auch U23 - bei Waldhof Mannheim. Die Fans der Mannheimer sind nicht eben für Gewaltlosigkeit bekannt, und so rechnete jeder welcher nur über einen Funken Fußballsachverstand verfügt damit das es ein heißer Tanz werden könnte. Der Heimverein selbst anscheinend nicht, denn Ordnungsdienst im Stadion war laut Augenzeugenberichten keiner zu sehen. Bereits während des Spiels kletterten Unbekannte über die Zäune, und kurz nach Anpfiff zur zweiten Halbzeit - es stand bereits 0:3 für die Gäste - flogen Raketen aus dem Gästeblock aufs Spielfeld. Infolgedessen kam es zu einer Spielunterbrechung von 28 Minuten. Beruhigen ließen sich die Fans anscheinend nur schwer, denn es gingen auch noch Rauchbomben hoch

Zum Unmut der Waldhoffans pfiff der Schiedsrichter trotzdem das Spiel erneut an, und es endete 1:4. Bereits während der zweiten Halbzeit leerte sich der Mannheimblock merklich, und es sammelten sich mehrere Hundert hinter dem Gästeblock. Die Polizei sah sich daraufhin veranlasst die Gästebusse zur Autobahn zu geleiten. Bahn- und Autofahrer blieben währenddessen im Block, beschützt von einer Handvoll Polizisten. Jedoch schafften es einige Mannheimer über die Zäune zu klettern und schon flogen Steine, Flaschen und sonstiges was sich nur werfen ließ.

Aufgrund der Vorfälle dürfen so beide Vereine mit empfindlichen Strafen rechnen, Wiederholungstäter sind beide Fanlager sowieso. Zu einem sehr geschickt gewählten Zeitpunkt, kurz bevor die zuständigen Organe sich mit den Vorfällen befassen, wurde daher vom TSV eine Presseerklärung herausgegeben. Ich möchte an dieser Stelle kurz darauf eingehen und diese zitieren

Nach vorliegenden Erkenntnissen durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB), die Polizei und eigene Recherchen sind eine Reihe von Einzelpersonen sowie vor allem auch die Gruppierung „Cosa Nostra" für diese Handlungen verantwortlich zu machen. Der Verein wird daher umfassende Stadionverbote über einen langen Zeitraum gegen alle beteiligten Personen aussprechen. Die finale Identifizierung der Täter steht hier noch aus, wird aber bald abgeschlossen sein.
Nach Berichten von Augenzeugen hat es sich um einen Unbekannten gehandelt welcher im Block selbst von Erfahrenen noch nie gesehen wurde. Dieser Absatz sagt im grunde nur aus das man Ermittlungen aufgenommen hat, aber noch nicht weiß wer der Täter ist. Solang man aber noch nicht weiß wer der Täter ist, kann man wohl schwerlich darauf schließen das dieser auch einer bestimmten Gruppierung zuzuordnen ist. So fällt - verständlicherweise - oft der Begriff "Sippenhaft" in den Fanforen.

Erstmals wird der TSV 1860 München auch eine Fan-Gruppierung kollektiv zur Verantwortung ziehen. Ab sofort sind alle Utensilien (Fahnen, Banner, Spruchbänder u.ä.) der „Cosa Nostra" in der Allianz Arena sowie im Grünwalder Stadion verboten. Weitere Schritte und Verbote behält sich der Verein vor und wird diese direkt mit dem DFB abstimmen.
Nach dem Gießkannenprinzip wird hier also eine Kollektivstrafe verhängt. Utensilien der Ultras werden pauschal verboten. Dies kommt laut Angehörigen der CN einem Verbot nahezu gleich, jedoch ist nirgends die Rede von einem kompletten Stadionverbot für die Ultras, wie einige glauben (machen wollen).

Mit Sicherheit ist die CN kein unbeschriebenes Blatt. Durch ihre oftmals sehr jungen Anhänger, kommt es gelegentlich zu unbedachten Aktionen, über deren Folgen man sich im Vorfeld keine oder kaum Gedanken gemacht hat. Auch finden sich in ihren Reihen viele Fürsprecher für sogenannte "Pyroaktionen". Rauchbomben und ähnliches sind in Stadien - nicht ohne Grund - verboten. Die Ultras ziehen jedoch an dieser Stelle eigene Grenzen und distanzieren sich in ihrer eigenen Stellungnahme - siehe obigen CN-Link - lediglich von denjenigen welche Leuchtraketen abgefeuert haben, jedoch nicht von den Rauchbomben im Block. Es gilt daher anzunehmen das Aktionen im Block gutgehießen werden, jedoch sobald eine Pyroaktion den Block verlässt diese nicht mehr akzeptabel ist. So also die Definition der Ultras, welche natürlich aktueller Rechtssprechung widerspricht.

Die Ultras sollten sich vielleicht auch einmal Gedanken darüber machen inwieweit ihre Haltung gegenüber Pyro im Block mit dazu beiträgt das oftmals über die stränge geschlagen wird und Aktionen aus dem Ruder laufen. Eine Akzeptanz von bspw. Rauchbomben im Block zieht natürlich sehr viele an welche Fußball automatisch damit in Verbindung bringen und sich gar nicht vorstellen können das Rauch, Feuer, aber auch Schlägereien nichts mit Fußball zu tun habe.Dies hat keineswegs - wie oft suggeriert wird - mit einer Verweichlichung des Sports samt Fanszene zu tun und trägt natürlich mit dazu bei das Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, eine Art totale Überwachung der Fußballfans stattfindet und man oft vor lauter Polizisten das Stadion nicht sieht. Pyro wie auch sonstige Aktionen welche mit dem Fußball nicht das geringste zu tun haben sind natürlich Wasser auf die Mühlen derer welche die persönliche Freiheit gern dafür opfern um den Anschein von Sicherheit zu vermitteln.

Auch wenn das Verbot der Utensilien als Warnschuss gesehen werden darf, und mit Sicherheit als Zeichen des guten Willens an den DFB gelten darf, so sind Kollektivstrafeb auf keinen Fall angebracht. Viel sinnvoller wäre es auf die Fans zuzugehen und im Dialog mit diesen nach Lösungen zu suchen. Es muss vermittelt werden das solche Aktionen wie in Mannheim vom Verein nicht geduldet werden können und ihre Konsequenzen haben müssen. Andererseits muss aber auch von den Fans ein ganz klares Zeichen kommen das gewisse Dinge innerhalb der Stadien nichts, aber auch gar nichts verloren haben.
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