Montag, 22. Dezember 2014
PlatzDaMuc und Pegida/Muegida/Bagida.
Ich komme gerade aus der Innenstadt. Auf dem Max-Joseph-Platz fand die Kundgebung „Platz da! - Flüchtlinge sind willkommen! Gemeinsam gegen Pegida, Rassismus & Hetze“ statt. Proppevoll wars, 25.000 Menschen versammelten sich (nach vorläufigen, viel bejubelten Zahlen) dort. Prominenz wie zum Beispiel Claus von Wagner, Max Uthoff und Konstantin Wecker, welcher ja beim so genannten „Friedenswinter “ dabei ist, dem Zusammenschluss der so genannten Montagsmahnwachen und der Friedensdemos, sollen ebenfalls anwesend gewesen sein. Das ganze erinnerte mich ein wenig an die Lichterketten in den 90ern. Während die Flüchtlingsheime brannten, versicherte man sich mit Kerze in der Hand, nix mit denen zu tun zu haben.

Keine 500 Meter entfernt (grobe Schätzung, haut mich, wenns nicht stimmt) fand die Kundgebung des Münchner Pegida-Ablegers statt. Hinter den Absperrungen versammelte sich der übliche Mix aus „Bürgerbewegung Pro Bayern “ und aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der rassistischen und islamhassenden Kleinstpartei „Die Freiheit “. Auf der Gegenseite: einzig und allein diejenigen, die man bei jeder Anti-Nazi-Demo findet. Ebenfalls wie immer: das Verhalten der Polizei. Gefilmt wird ausschließlich der Gegenprotest. Kennt man alles. Die Beschimpfungen durch Passanten allerdings, die waren in dem Ausmaß nun wirklich neu. Einzig und allein der Gegenprotest zu Pegida wurde beschimpft. Von „Geht doch in den Islam. Lasst euch von denen bekehren“ über „Ihr seid das selbe braune Gesocks“ und "Ihr seid genau so schlimm wie die" bis hin zu „Ihr Scheiß Populisten wisst nicht mal, was Freiheit ist“ war alles mit dabei. Und das ist nur ein kleiner Auszug dessen, was sich in dieser ach so bunten Stadt der Gegenprotest zu Pegida anhören darf.

Ein paar Fragen schwirren mir durch den Hinterkopf. Wenn sich 25000 (oder, nach Süddeutsche Zeitung-Zahl 12000) Münchner an einem Platz versammeln, um „ein Zeichen zu setzen“, dann frage ich mich schon, wo ihr denn alle wart, als in München Refugees für ihre Rechte demonstrierten? Sei es am Rindermarkt oder am Sendlinger Tor , es waren die üblichen zwei Dutzend Helfer anwesend, die sich von Passanten wie auch Presse (hallo liebe SZ) als „Linksextremisten“ beschimpfen lassen mussten, welche arme Schutzbedürftige „instrumentalisieren“. Die den Kopf hingehalten haben, als das ach so bunte München versuchte auf die Refugees los zu gehen, diese beschimpften , mit Münzen und Bananen bewarfen. Wo bitte wart ihr in den letzten Jahren, als ein Michael Stürzenberger samt seiner Partei „Die Freiheit“ teils mehrmals wöchentlich gegen Muslime hetzte? Als Karl Richter von der NPD-Tarnorganisation „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ samt seiner teils vorbestraften Meute hetzend durch München zog. Werte „Die LINKE“, SPD, DKP, ver.di und Co, wo wart ihr, als in diesem Jahr ein mehrere tausend Köpfe umfassender Mob antisemitische Parolen brüllend durch München zog?

Es wird gejubelt und sich auf die Schulter geklopft. Sich gegenseitig versichert, etwas gegen den rassistischen Mob getan zu haben. Wenn es allerdings wirklich darauf ankommt, und das hat der heutige Abend wieder einmal bewiesen, dann ist nur auf „die üblichen Verdächtigen“ Verlass. München hat das "Glück", dass diejenigen, welche hier vor Ort das Pegida-Fähnchen hochhalten, und das zum Teil seit Jahren, taktisch und personell nicht in der Lage sind größer zu mobilisieren. Potential gäbe es, das zeigen die Reaktionen immer wieder. Ob das nun ein Anlass zum Jubel oder gar Stolz ist, wage ich zu bezweifeln. Ich schwanke im Moment zwischen Resignation und Wut. Und es ist letzteres, welches immer mehr die Oberhand gewinnt -,-
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Mittwoch, 26. November 2014
München, wat lieb ick dir


Am Sendlinger Tor sind Refugees in den Hungerstreik getreten. Sowas kann der Münchner nicht auf sich sitzen lassen und schon tobt der Mob. „Besorgte Bürger“ machen ihrem Unmut lautstark Luft. Es wird geschrien, getobt,… unten stehendes also einfach mit nem Schwung mehr an Ausrufezeichen vorstellen. Ein Auszug von gestern. Dies gibt nur einen winzigen Teil dessen wieder, was zu hören war/ist:

- 50 Jahre hab ich gearbeitet und jetzt muss ich mir SOWAS bieten lassen
- Die kommen hierher und wollen unser hart verdientes Geld und alle ne Luxuswohnung
- Kein deutsch können aber Ansprüche stellen
- Was will dieses Pack eigentlich von uns? Uns ständig auf der Tasche liegen und dann noch so frech sein und Ansprüche stellen
- Schmeißt diese Sozialschmarotzer raus!
- Die leben hier in Saus und Braus, anders als in dem Dorf aus dem die herkommen, und stellen dann noch Ansprüche
- Wenn ich nen Türken sehen will fahr ich in die Türkei. Sowas brauch ich hier nicht
- Deutschland ist überbevölkert, da brauchen wir sowas nicht auch noch
- Dieses Gesindel soll sich schleichen
- Schau Sie dir an, sogar n Tablet haben aber hier einen auf Hungerstreik machen
- Eine Unverschämtheit was WIR uns hier bieten lassen müssen von denen. Für die hab ich Deutschland nachm Krieg nicht wieder aufgebaut
- Die haben sogar Kameras, KAMERAS! Und teure Handys, was wollen diese Schmarotzer denn eigentlich
- Diese Schmarotzer leben von MEINEM Steuergeld, was wollen die überhaupt? Verschwinden sollens, aber ganz schnell!
- Ich hoffe, dass das Volk bald aufwacht und sich von diesen Asylanten nicht mehr auf der Nase rumtanzen lässt
- Lesens doch mal den Ulfkotte, DAS ist ein kritischer Journalist. Sowas traut sich ja heute keiner mehr zu sagen
- HoGeSa, DAS sind wenigstens noch aufrechte Patrioten
- Ihr Vaterlandsverräter unterstützt dieses Pack natürlich!
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Samstag, 8. November 2014
Von November bis November

Irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl. Es wird schlandweit gefeiert, dass da ein Sprecher der SED sich am 09. November 1989 in nem Interview verhaspelte , was ja dann die bekannten Folgen hatte. An historisch vorbelastetem Datum wird also gefeiert und nicht überall kann man sich verkneifen, gleich mal die Fackeln auszupacken. Was ja dann auch irgendwie passend ist. Tradition muss gelebt werden und so. Dazu noch ein „selbst ernannter Bürgerrechtler“, welcher nicht müde wird zu betonen, wo denn der Feind steht: links. Wie wichtig dieser Hinweis ist, zeigte ja dieses Jahr recht deutlich mit Veranstaltungen wie der “HoGeSa“ und der ständigen Wiederholung der „Das Boot ist voll“-Rhetorik. Ist ja nicht so, dass einem dies aus den Jahren nach 1989 nicht bekannt vorkommen würde. Und immer wieder muss ich daran denken, wie denn mein persönliches 1989 war.

Vom verschwinden und einem geplanten „Urlaub“

Was mir vom Sommer 1989 noch in Erinnerung blieb sind Ereignisse, deren Bedeutung mir erst beim Blick zurück klar wurde. Kunstsück, denn ich feierte damals gerade meinen 9. Geburtstag. Aufgewachsen bin ich in einer ostthüringischen Kleinstadt. Gut, dass mit dem wachsen ließ ich bereits recht früh bleiben und die Erwähnung des Ortsnamens würde jetzt auch vermutlich eher zu zum Fragezeichen geformten Gesichtern führen. Während des Sommers kam es immer wieder vor, dass Freunde einfach verschwanden. Diese wären umgezogen, hieß es damals. Und auch meiner Mutter ihr damaliger Freund verschwand auf einmal. Hinterher wurde mir erklärt, dass dieser sich auf den Weg gen Prager Botschaft gemacht hatte. In den Fernsehbildern von damals ist er auch mal kurz zu sehen. Das verschwinden des Freundes meiner Mutter führte auch zu Debatten im Familienkreis welche schlagartig verstummten, sobald ich in der Nähe auftauchte. Klar, der Kleine hätte sich ja verplappern können.

Während der Sommerferien dann, traditionell vom 01.07.1989 bis 01.09.1989, hieß es auch bei uns: Koffer packen. Urlaub in Ungarn wurde mir gesagt. In den Genuss eines Auslandsurlaubs kam ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das höchste der Gefühle waren Ausflüge an die Ostsee. Also ab in den himmelblauen Trabant des Großvaters mütterlicherseits und ab nach Dresden. Dort gings dann mit Sack und Pack mit Mutter und kleiner Schwester ab in den Zug. War die Fahrt durchs nächtliche Dresden schon unheimlich genug für mich, so trug die Nervosität meiner Mutter nicht unbedingt zur Beruhigung bei. Zitternd und schwitzend ließ diese die Grenzkontrollen über sich ergehen. Ich verhielt mich ruhig, wusste ich mit der Situation auch nicht so wirklich umzugehen. Über die damalige Tschechoslowakei ging es dann nach Budapest. Eine echte Großstadt also, und das sogar mit einem nicht zu kleinen Fluss. Das wir dann für über ein Jahrzehnt in der Nähe dieses Flusses leben sollten, wenn auch ein paar hundert Kilometer weiter, wusste ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht.

Wie es genau von Budapest aus weiter ging, kann ich heute nicht mehr genau sagen. Der Schock darüber allerdings, was meine Mutter mir bei einem Bushalt auf einer grünen Wiese gestehen sollte, blieb mir gut in Erinnerung. Rotz und Wasser heulte ich, als sie gestand, dass aus dem Urlaub wohl nichts werden würde. Denn endlich in Österreich angekommen war nun auch der Zeitpunkt gekommen „..ihnen mitzuteilen, dass Ihre Ausreise...“...neinhalt, das war später. Und galt nicht für uns. Denn wir waren bereits in Österreich. Und während einer kurzen Rast wurde ich auch eingeweiht in den Plan, in den Westen auszureisen. Raus aus dem alten Freundeskreis, raus aus der gewohnten Umgebung und ab in den Westen. Wir waren nun auch „Flüchtlinge“, wie es damals hieß. Und erster längerer Halt war für uns in einer Bundeswehrkaserne in Weiden. Also gar nicht mal so weit vom Ausgangspunkt unserer Abfahrt entfernt, nur mit etwas Umweg. Die erste Wohnung fanden wir dann in einem kleinen niederbayerischen Dorf. An Land und Leute sollte ich mich erst nach einigen Jahren gewöhnen. Es war nicht nur die Sprachbarriere, welche mir etwas zu schaffen machte. Allerdings wurden wir, rückblickend betrachtet, doch sehr herzlich aufgenommen. Hilfsbereit waren sie, die Bayern. Und doch gibt es so einiges, welches im Rückblick doch zu denken gibt.

Von Flüchtlingen und Geschichtsunterricht

Sehr oft spiele ich im Kopf dieses „was wäre wenn“-Spiel durch. Was wäre wohl passiert, wären wir nicht Flüchtlinge aus (einem anderen) Deutschland gewesen. Was wäre gewesen, wären wir nicht der Sprache mächtig gewesen (mal abgesehen vom durch die Einheimischen gepflegten Dialekt)? Was wäre gewesen, wären wir ähnlich behandelt worden, wie heutzutage Flüchtlinge gern behandelt werden, insbesondere wenn diese als „Wirtschaftsflüchtlinge“ gelten. Was wäre gewesen, wären wir Schwarze gewesen und in dieses Westdeutschland geflohen? Denn nicht nur die Ereignissen Anfang des auf unsere Flucht folgende Jahrzehnt sollten zeigen, wie weit es mit der so genannten „Willkommenskultur“ hierzulande her ist. Auch heute gelten Angriffe auf Menschen und Einrichtungen in denen diese leben bereits wieder als alltäglich und nur die schlimmsten Auswüchse schaffen es zu überregionaler Bekanntheit. Ich bin froh darum in einer friedlichen Zeit geboren zu sein und in diesem Land. Stolz darauf bin ich nicht, denn schließlich habe ich dazu keinen eigenen Beitrag geleistet. Aber es ist ja wieder en vogue, stolz zu sein auf den Zufall welcher einen hierzulande das Licht der Welt erblicken ließ. Dies schließt dann automatisch jene aus, bei denen dies eben nicht der Fall war. Saß ich 1989 noch mit feuchten Augen vor dem TV und sah dort jubelnde Menschen mit Deutschlandfahnen, sorgt dies heute eher für Bauchgrimmen bei mir. Etwas was interessanterweise dafür sorgt, dass mir desöfteren der Stempel „Linker“ aufgedrückt wird. Fehlt eigentlich nur noch, dass ich jetzt Vertreter der Partei selben Namens wählen würde, nicht wahr?

Würde mir allerdings im Traum nicht einfallen. Und bevor jetzt irgendwer mit „Ha, Mauerschützen-Partei“ oder ähnlichem daherkommt: nee, daran liegts nicht. Ginge es danach, sähe es bei den für mich wählbaren Parteien sowieso ganz duster aus. Neben der SED, der Ausgeburt des Bösen, dem „Drachenblut“, gab es nämlich noch andere Parteien , welche allerdings nach der „Wende“ nahezu vollständig in den Westparteien aufgingen. Und so sitzen Abgeordnete in den Vertretungen welche fleißig mit der SED stimmten, gar beispielsweise das Tiananmen-Massaker ausdrücklich begrüßten , aber heute sich gar lautstark empören über Politiker welche eben nicht über eine solch illustre Vergangenheit verfügen. Bezeichnend, dass nun die „Blockflöten“ von damals jemandem zujubeln, der nicht sie als „den elenden Rest dessen, was zum Glück überwunden ist“ bezeichnet . Wäre es jetzt gar zu bös die Parteien so zu bezeichnen, bei denen es nach 1945 kein Problem war vom Amts- und Würdenträger der NSDAP in hohe Ämter der Bundesrepublik „umzusatteln “? Ja, ich halte die Debatte für verlogen. Ja, die Linke kann und muss kritisiert werden. Und wenn heut ein Mitglied dieser Partei, welches sich vor wenigen Wochen noch an „Pro Palästina“-Demos beteiligte, sich vor mich hinstellt und behauptet, dass er ja „in 20 Jahren PDS/Die Linke noch keinen Antisemitismus in der Partei erlebt“ hat, dann zeigt dies für mich, dass die Kritik ganz woanders ansetzen muss. Ja, genau das ist einer der Gründe, die diese Partei für mich unwählbar machen und nicht irgendwelcher „Unrechtsstaat “-Quatsch.

Feindbilder, gut erhalten, abzugeben

Allgemein lässt sich festhalten, dass die Debatten im Moment sich nicht so wirklich mit der Realität in Einklang bringen lassen, welche ich erlebe. Da wird ganz groß ein Stichwortgeber gefeiert, welcher sich selbst gern als „DDR-Bürgerrechtler“ sieht. Durch ständige Wiederholung wird das zwar auch nicht richtiger, dass er „Bürgerrechtler “ war, aber immerhin gilt dies ja mittlerweile scheinbar als Fakt. Wird wohl auch irgendwann, fürchte ich, so in den Geschichtsbüchern stehen. Ebenso wird vermutlich der „Mut“ eines Liedermachers gefeiert werden. Der Mut desjenigen, der nach unten tritt also. Sehr deutsch. Als gegeben hinnehmen muss ich scheinbar, dass dieses nach unten treten auch diejenigen einschließt, die man aus der Gesellschaft möglichst heraushalten will. Je nach Gusto, können das andere Bevölkerungsgruppen sein. Juden , wenn mal wieder Israel um die eigene Existenz kämpft. Muslime , wenn mal wieder radikale Gruppen frei drehen. Und „der“ Ausländer geht ja eh immer. Alles Dinge, worüber sich kurz empört wird. Natürlich nur über diejenigen, welche sich dem aktiv entgegen stellen, was ja eh schon eine verschwindend geringe Minderheit ist. Oder über diejenigen, die solch Dinge benennen. Weil das stört ja die deutsche Behaglichkeit beim Fähnchenschwenken. Welches sowieso ganz gern mal in den Wind gehängt wird.

An Europas Außengrenzen sterben Menschen, welche nicht durch Zufall hier geboren wurden und es wird gefeiert, dass es hierzulande keine Mauer mehr gibt. Während gleichzeitig die um die Festung Europa immer höher gezogen wird versteht sich. Wer es trotzdem hierher schafft, der wird schon mal durch die Straßen gejagt , von Behörden wahlweise verarscht oder schikaniert, von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen, für die dadurch bedingte Ausgrenzung verantwortlich gemacht. Wer von Grundrechten Gebrauch macht, wird medienseits diffamiert, auf den wird zum Halali geblasen, Adresse samt Telefonnummer veröffentlicht. Während sich gleichzeitig über blaue Häkchen empört wird. Da fällt mir übrigens ein, dass schon lange nicht mehr zur Hatz auf Arbeitslose und sonstige Empfänger staatlicher Transferleistungen geblasen wurde. Ging vermutlich nur an mir vorbei, weil zählt wie all die anderen aufgezählten Punkte vermutlich zu den Dingen, die man hierzulande als gegeben hinnehmen muss. Das möchte ich nicht, fühle mich aber in der momentanen Parteienlandschaft auch nicht so wirklich gut aufgehoben oder repräsentiert. Und ob all dies die Freiheit ist, in die die Flucht 1989 führen sollte, wage ich auch leicht zu bezweifeln.
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Montag, 27. Oktober 2014
von Hools, Fans und Wutbürgern
HoGeSa, Hooligans gegen Salafisten, nannte sich der Spaß da gestern in Köln. Es sind jedoch nicht mal die Teilnehmer und der Ablauf der Demo selbst die dafür sorgen, dass der Kopf sich in rhythmischen Schlägen langsam mit der Tischplatte vereint.


Das sind keine Fußballfans!!ELF!!DRÖLF!!!


Obige Aussage ist sehr interessant. Die Mobilisierung lief länder- und szeneübergreifend, und das auch noch sehr offen. Das Motto „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“ dürfte jetzt dem fußballaffinen eher nicht unbekannt sein. Und selbst für Ungeübte und eher szeneferne (lies: mich *hüstelt*) war es ein leichtes innert kürzester Zeit die Beteiligung der eigenen Fanszene an der Aktion festzustellen. In homöopathischer Dosis zwar, aber bei einer nicht besonders großen und für ihren Mobilisierungsgrad jetzt wahrlich nicht berühmten Fanszene wie der des TSV 1860 München jetzt auch nicht unbedingt zu vernachlässigen. Als Fußballfan sollte man sich also nichts vormachen und zugeben, dass Fußballfans nicht nur fleißig mit mobilisiert haben, sondern auch vor Ort waren. Zu dem, was Innenminister und sonstige Lautsprecher da jetzt gern draus machen würden, später mehr.

Das fast schon mantraartig hervorgetragene „Das sind keine Fußballfans“ bewirkt allerdings zweierlei. Stellen wir uns jetzt einfach mal ein Fußballspiel, und hier genauer: einen Fanblock, vor. In diesem Fanblock: Nazis die sich n Fußballspiel anschauen. Als Nazis sind diese, vor allem für „Ungeübte", also Menschen denen bestimmte Szenecodes jetzt nicht so bekannt sind, nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Klar, die Schriftart der Tättowierungen wirkt seltsam verschnörkelt, die Sprache etwas martialisch. Aber, mei, das gehört halt zum Fußball: „Assi sein“. Wer sich schon etwas länger mit dem Thema beschäftigt, dem dürften die Codes auffallen, dem ist vielleicht sogar bekannt, dass diese Fans auf Nazi-Aufmärschen herumspringen, gar selbst als Anmelder funktionieren und dem fallen rassistische Sprüche auf, die für den „Normal-Fan“ halt dazugehören, da sie eben „normal“ sind. Den Nazis im Block also, die man auch auf Fanfesten und Auswärtsfahrten sieht, spreche ich nun das Fan-sein ab. Was bewirkt dies? Solidarität. Mit den Nazis. Der politisch eher desinteressierte Fan solidarisiert sich folglich mit dem so „Angegriffenen“. Und was im kleinen, dem Fanblock, schon nicht funktioniert, soll jetzt also im Großen, sprich HoGeSa, funktionieren?

Die angesprochene Solidarität wird allerdings mit dem „Das sind keine Fußballfans“ denjenigen verweigert, die sich, teils seit Jahrzehnten, mit den Nazis in den Blöcken beschäftigen: Ultras, Faninitiativen,... Denn wenn es heißt „Das sind keine Fußballfans“, gibt es ja folglich auch kein Problem mit Nazis. Weil schließlich sehen Linke ja „hinter jedem Baum nen Nazi“. Schließlich fantasieren Linke und Grüne nur eine Gefahr von rechts herbei. Die Zeitspanne zwischen einem der größten Nazi-Aufmärsche, die Deutschland jemals gesehen hat und oben genanntem war übrigens recht kurz. Es beginnt bereits wieder, das relativieren. Und es ist schon faszinierend zu sehen, wie schnell sich das alles wiederholt. Als linke Ultras aus den Braunschweiger Fanblöcken geprügelt wurden, war das ja schließlich deren Schuld. Hätten sie mal lieber die Klappe gehalten über die Nazis in den eigenen Fanblöcken. Müßig jetzt hier weitere Vereine aufzuzählen, in denen Hools versuchten eine positive Entwicklung rückgängig zu machen: die Verdrängung von Nazis aus den Stadien, bedingt vor allem durch das Entstehen einer Ultrakultur welche sich großteils als links begreift.


Die Einsatztaktik der Polizei hat funktioniert, wir müssen nur härter gegen Fußballfans vorgehen


So lassen sich die Aussagen der Verantwortlichen bei der Polizei und in der Politik kurz zusammenfassen. Ob die Einsatztaktik der Polizei funktioniert hat sei einmal dahin gestellt, wenn bei Tausenden gewaltbereiten Demo-Teilnehmern weniger Polizei vor Ort ist als bei einem Freundschaftsspiel zweier Fußballteams deren Fans eine Fanfreundschaft verbindet. Man sei also überrascht worden, von der schieren Anzahl der Teilnehmer. Auch toll, weil ist ja nicht so, als wäre die Mobilisierung im verborgenen abgelaufen. Bei Facebook waren es weit über 7000 Zusagen (bei knapp 60.000 Eingeladenen) und, wie bereits weiter oben beschrieben, wurde länder- und szeneübergreifend mobilisiert. Selbst bei mir, der von einer aktiven Fanszene meilenweit entfernt ist, ploppte da gelegentlich was am Bildrand auf. Um da schnellstmöglich den Mantel des Schweigens drüber zu legen, wird also mit dem Finger auf andere gezeigt: auf Fußballfans.

Faszinierend daran ist, dass man jahrelang nichts anderes tat als diejenigen zu verteufeln, die eben maßgeblich dazu beitrugen, dass Nazis sich in den Fankurven eher unwohl fühlen: die bereits beschriebenen Ultras. Ein abgebrochener Scheibenwischer eines vor einem Stadion geparkten Fahrzeuges sorgte da schon mal für einen Großeinsatz von Polizei samt Schlagstock, Pfefferspray und Mediengeschrei von „eine(r) neue Dimension der Gewalt“ (eine Floskel, die auch jetzt wieder bemüht wird). Für das Stolpern über nen Mülleimer gibt es da mal eben einen Eintrag in die „Datei Gewalttäter Sport“ deren Daten dann wieder dazu benutzt werden, noch mehr Polizei vor und in den Stadien zu rechtfertigen welche dann auch mal ein „Nacktzelt“ aufbauen. Könnte ja n Fan ne Sturmhaube mit in Stadion schmuggeln. Und der DFB? Hält rote Kärtchen für ne gute Idee. Ja, davon sind dann die, die gern mal auf alles einprügeln was nicht ins Weltbild passt bestimmt beeindruckt.


Echte und unechte Fans und der Wutbürger


Zwei Seiten scheinen sich gegenüber zu stehen: zum einen die, die abstreiten, dass es sich um Fußballfans handeln könnte, zum anderen die, die das Problem gern in die Fanecke stellen. Nun ist das natürlich sehr bequem für beide Seiten. Die eine streitet ab, dass es Fußballfans waren, und wäscht sich damit rein, die andere wiederum wäscht die Gesellschaft rein weil es handelt sich ja um eine Randgruppe: Fußballfans. Und die waren ja angeblich nicht beteiligt oder es sind keine „echten Fans“, riefen nur dazu auf und verbreiteten auf allen Plattformen Infos zu dieser Veranstaltung.
Nun ist es wahrlich nicht so, dass bei HoGeSa nur Fußballfans beteiligt wären. Die üblichen Verdächtigen von ProNRW bis „Die Rechte“ mischen kräftig mit und dass Applaus von pi-News und Co kommt, ist nun auch nicht weiter verwunderlich. Klar scheint aber, dass es sich bei all dies nur um Hirngespinste irgendwelcher Linker und Grüner handelt. (Bis zu diesem Reflex hats ja echt nicht lang gedauert *Applaus*). Für Gelächter schallenderweise sorgten dann Aussagen, dass es sich bei Nazi-Gewalt um ein „neues Phänomen “ handelt. (Hallo liebe GdP <3)

Nur kurz, da der Beitrag hier eh schon zu lang wird: Oktoberfest-Attentat, Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, NSU,... . Die Reihe ließe sich jetzt beliebig fortsetzen,. Dass nahezu wöchentlich ein Anschlag auf eine Synagoge, eine Moschee oder eine Geflüchtetenunterkunft verübt wird, ist ja mittlerweile auch schon fast wieder Alltag. Blickt man auf aktuelle Studien(Vorsicht, isn pdf) , und hier auf die Zahl derer, die über ein gefestigtes rechtsextremes Wetlbild verfügen, wird’s langsam gruselig. Nimmt man noch diejenigen dazu, die ja „nur“ etwas gegen andere Gruppen haben, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen, wird’s beängstigend. Denn es sind bei weitem nicht nur Nazis, die mit „das wird man doch wohl noch sagen dürfen“ gern Stimmung gegen Minderheiten machen. Und bei weitem nicht nur Fußballfans. Denn, hier schließt sich der Kreis, Menschen mit menschenverachtendem Gedankengut befinden sich mitten unter uns, und nicht in irgendwelchen Randgruppen.


Und nu?


Ob man wohl endlich zur Einsicht gelang, dass es auch unter Fußballfans Nazis gibt und davon nicht wenige? Vielleicht gibt es ja hier etwas, wo man ansetzen könnte. Beispielsweise mit Unterstützung derer, die sich da engagieren. Soll ja nicht wenige geben, die hier aktiv sind und über das entsprechende know how verfügen. Nur „wir halten jetzt ein rotes Kärtchen hoch“ oder „kommt, wir malen n hübsches Spruchband“ greift doch ein wenig arg kurz. Ein „Nazis raus“ ist schnell gebrüllt. Fühlt man sich ja gleich besser danach. Obs hilft? Wohl eher weniger, wenn die Mechanismen der Ausgrenzung weiter greifen. Wenn es weiter in den Kurven akzeptiert ist, dass man halt auf Schwule/Lesben/Schwarze/Juden/... schimpft, weil beim Fußball das „eben dazu gehört“. Von Politik, die im Stadion angeblich nichts verloren hätte will ich erst gar nicht beginnen. Denn die, die sich gern darüber beschweren, dass Politik im Stadion nichts verloren hätte und die sich darüber beschweren, dass die bösen Linken die Politik ins Stadion tragen würden, waren gestern in nicht unerheblicher Zahl in Köln. Die Erkenntnis, dass es sich um ein Problem der Gesamtgesellschaft, und nicht nur von Fans handelt, könnte auch greifen und endlich aufgehört werden mithilfe von Begriffen wie „Deutschenfeindlichkeit“ und „Linksextremismus“ diejenigen zu kriminalisieren, die sich dagegen engagieren.

Andererseits könnte auch weiter vorgegangen werden wie bisher. Zum einen das Problem allein auf Randgruppen schieben. Waren ja nur Nazis. Die sind ja eh alle eher von geringer Intelligenz und tragen Bomberjacke und Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln. Wer dies nicht tut, ist auch kein Nazi. Waren ja nur Fußballfans, da hilft Repression, mehr Polizei, mehr Überwachung. Waren ja keine Fußballfans, also kümmert ihr euch darum. Weil WIR haben ja kein Problem. Zum anderen könnte auch wieder auf Linke und Grüne geschimpft werden und vermeintliche „Linksextremisten“ und die „Sorgen und Ängste des deutschen Volkes“ beschworen werden. Ich bin gespannt, wie das ganze sich weiter entwickelt, rechne aber mit zweiterem. Alles wie immer.
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Sonntag, 20. Juli 2014
München 2014-07-20


Heute fand in München eine "Pro Palästina"-Demo statt. Tausende Menschen, Flaggen von Palästina über Türkei, Deutschland,...Hier nur eine kurze Zusammenfassung dessen, was fortlaufend geäußert wurde:

Israel:
-> Kindermörder
-> Frauenmörder
-> Menschenmörder
-> betreibt Genozid an den Palästinensern
-> Nazis
-> Faschisten
-> genießt Holocaustbonus
-> verweigern Palästina Nahrung, Medikamente, Strom
-> tun Palästinensern das an, was Hitler ihnen antat
-> sind Besatzer
-> Kriegstreiber
-> kennt nur die Sprache der Gewalt
...
Palästina/Palästinenser:
-> wollen Frieden
-> werden systematisch diskriminiert
-> reagieren nur auf Israels Bombardement

(Dieser Beitrag gibt lediglich Zitate der heutigen Demo wider. Weder mache ich mir diese Zitate zu eigen, noch sollen diese als Grundlage/Argumentation für eine Debatte her halten)
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Dienstag, 20. Mai 2014
Münchner Wahn - jetzt JEDEN Montag

tl;dr: Montagsdemo in München in kurz: Frieden für alle, schuld am Krieg ist das „Zinsgeld“, Faschismus ist nur in anderen Ländern schlimm. Dazu reichen wir: Seifenblasen und Nazis von NPD bis NSU-nah.

Nu war von den Mahnwachen/Montagsdemos doch schon so einiges zu lesen. Ken Jebsen alias KenFM wird in dem Zusammenhang oft erwähnt. Videos seiner Reden gibt’s auf youtube zuhauf. Kurzer Blick gen Facebookseite des Guten: weit über 100.000 Fans, Bildsprache wie aus dem Lehrbuch zum Thema Antisemitismus. Auch interessant in diesem Zusammenhang: die nahezu gleichlautenden Kommentare welche kürzlich in Massen die Onlineauftritte aller möglichen TV-Sender, Zeitungen und Co fluteten. Von einer „Verschwörung der Medien“ war da zu lesen. Beliebte Begriffe wie „politische Korrektheit“, „Gehirnwäsche“, „Propaganda“ uswusf wurden verwendet. Und wer in diesem www (sollte ich lieber „Weltnetz“ schreiben? Ach wurscht) so rumtönt, trifft sich nun also montags zur Mahnwache bzw. Montagsdemo. Angeblich sollen sich ja sogar Nazis, stadtbekannte wohlgemerkt, auf der Münchner Ausgabe dieser Montagsdemo rumtreiben. Na, das macht doch neugierig, also nix wie hin da.

Montag, 19.05.2014, Sendlinger Tor, München, kurz vor 18:00 Uhr.. Schönstes Frühlingswetter, die Cafes proppevoll. Der Platz am Sendlinger Tor füllt sich langsam. Es ist nicht klar erkennbar, wer nun diese „Montagsdemo“ besuchen will, wer Tourist ist, wer einfach nur neugierig. Vielleicht 100 Menschen, von jung bis alt, plauschen gemütlich und beobachten die Veranstalter beim Aufbau ihres Equipments und die Polizei beim gemütlichen Umherschlendern. Gesprächsfetzen lassen sich vernehmen. Direkt vom Plausch aus dem Unileben geht es über ein „Die Medien werden alle fremdgesteuert“ direkt zum „Also bei mir kam im Wahl-O-Mat zur Europawahl DIE LINKE vor der AfD raus“. Na, das verspricht ja heiter zu werden. Am Rande macht sich eine kleine Gegenkundgebung bemerkbar. Es werden Israel- und eine USA-Flagge geschwenkt, ein Großteil hat sich selbstgebastelte Aluhüte aufgesetzt. Die Stimmung ist gelöst bis heiter. Der Platz füllt sich langsam.



Mit Verspätung wird die Veranstaltung eröffnet. Kurzer Auszug der sehr wirren Rede: „Wozu brauchen wir 14 Mrd Essen wenn wir nur 7Kommairgendwas Menschen haben?“. Nunja. Wer genau hingehört hat, der bekam auch recht schnell zu hören, was bei Mahnwachlern als seriöse Quelle gilt: die „DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN.“. Gelten nun nicht unbedingt als seriös um nicht zu sagen: Die Meldungen sind meist so falsch, dass nicht mal das Gegenteil richtig ist. Aber bringt Klickzahlen und damit Geld. Weiter im Text. „Für mich gibt es kein links und rechts, sondern nur vorwärts“. Jubel, Applaus. Dazu passte die Ankunft mehrerer stadtbekannter Nazis, darunter: Karl Richter, sitzt für die so genannte „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ im Stadtrat, ist NPD-Vize. Vanessa Becker, Bewohnerin des „Braunen Haus“. Gilt als NSU-nah. Philipp Hasselbach , kürzlich aus der Haft entlassen. Gilt für das „Freie Netz Süd“ laut Medienberichten als persona non grata (nein, nicht mit Käse überbacken). Die einzigen, welche sich am auftauchen der Nazis störten waren oben erwähnte Gegendemonstranten. Die Teilnehmer der Mahnwache? Von „mir wurscht“ bis Handschlag. Spricht auch für sich, wird im weiteren Verlauf der Veranstaltung noch so richtig witzig.

Mit Gesängen und Reden ging es dann auch weiter. Während es zu einem kleineren Gerangel gab, da die Gegendemonstranten eben erwähnten Hasselbach am fotografieren hindern wollten, kam dieses „leidige links/rechts-Thema“ auf der Bühne zur Sprache, samt des Themas Gegendemonstranten. Auszüge? Gern: „Wir lassen uns nicht spalten“, „Wer nach links und rechts unterscheidet der will in Wirklichkeit nur spalten und spricht aus seinem eigenen verbohrten Weltbild“, „Links und rechts ist egal, lasst uns alle gemeinsam an einen Tisch setzen“. Also spontan fallen mir zwei Fußballvereine ein bei denen das in der Fanszene super geklappt hat, dieses „an einen Tisch setzen“ mit den Nazis. Fragt nach in Aachen, in Braunschweig ….weiter im Text. Nachdem die Gegendemonstranten, welche ja die Frechheit besaßen/besitzen auf Nazis samt Anknüpfungspunkten hinzuweisen, endlich als „Spalter“ entlarvt wurden, kann ja zum Gegenangriff übergegangen werden. „Diese kleine Gruppe zeigt, wes Geistes Kindes sie ist. Sie wollen spalten! Dies ist nur eine kleine Gruppe Verblödeter die gegen die Mehrheit ist! Wir aber sind die Mehrheit. Wir wollen gehört werden und lassen uns nicht von einer Minderheit die Meinung diktieren“. Also ich würd jetzt gern Demokratieverständnis für 500 kaufen. Gab es da nicht mal mehrere Parteien, bzw. gibt es noch, die Mitbestimmung auf allen Ebenen und zwar für alle fordern? Vielleicht doch keine so gute Idee? Gefühl welches einen auf einer Veranstaltung wie dieser unweigerlich beschleicht. Aber das nur als kurzer Einwurf.

In der Zwischenzeit wackelte ein Plakat an mir vorbei. Zitat: „Sophie Scholl hat gesagt: Geht auf die Straße“. Nu wird die Gute ja gern mal instrumentalisiert. Vor allem Michael Stürzenberger und seine Islamfeinde rund um die Kleinstpartei „Die Freiheit“ versuchen dies immer wieder, vor allem mit ihrer viel beschworenen „Neugründung der Weißen Rose“. Mindestens ebenso fragwürdig auf mehreren Ebenen dieses Plakat gestern. Gandhi und Brecht werden ebenso bemüht mit alt bekannten Zitaten. Zitate, ohne Kontext…ach, ich will das jetzt nicht weiter ausführen. Der Beitrag hier wird so schon lang genug und wer mag kann sich ja gern schlau machen. Ist aufgrund der heutigen Möglichkeiten ja recht einfach. Ah, wo wir gerade dabei sind: „DIE LEITMEDIEN SIND SCHULD“. Na endlich, hab ich ja schon die ganze Zeit darauf gewartet. Für so etwas mag ich ja Runden mit offenem Mikro. Und bekanntlich zählt diese Schuldzuweisung gen Medien ja bei den Montagsdemos zum Konsens. Nahezu keiner der Redner kam ohne ein „DIE MEDIEN SIND SCHULD/FREMDGESTEUERT“ in verschiedensten Varianten aus. Inklusive Hinweis auf „informiert euch woanders“. Wo denn dieses „woanders“ nu genau ist brauchte nicht weiter gefragt werden. DWN wurde soeben erwähnt, KenFM ebenso, Andreas Popp wurde zitiert. Hach, die creme de la creme der Selbstreferentiellen also. Wer die Medien steuert? Na, „die da oben“ natürlich. Wir hier unten gegen die da oben. So einfach. So verkürzt. So doof. Schon gewusst, dass „die Medien“ verschweigen, dass Merkel und Co. „mit Nazis zusammen arbeiten“? Jaha, was man nicht alles so lernt. NPD-Richter stand währenddessen grinsend vor mir. Störte keinen der selbst ernannten Selbstgerechten. Sagt auch viel.

Wofür es ebenfalls viel Applaus, gar Jubel gab? Für den Hinweis jeden zweiten Redners darauf, wer wirklich schuld sei an Krieg und Co.: „Das Zinsgeldsystem“. „Die da oben“, sie steuern die Banken, die Notenpressen, erpressen den kleinen Mann mit der „Zinsgeldpolitik“, und wer dagegen aufbegehrt muss um sein Leben fürchten. Dies habe sogar „einem US-Präsidenten das Leben gekostet“. Nachfragen ob JFK gemeint ist wollte ich nu nich. War mir krude genug das ganze. Von BWL/VWL habe ich nun nicht so viel Ahnung, aber es reicht doch, um den Kopf zu schütteln. Interessant ist eher das Bild, welches hinter diesen „Machern des Geldes“ steckt. Reicht geschichtlich sehr weit zurück, der Spaß. Stichworte: Zinsverbot im Alten Testament und im Mittelalter, Beschränkung der aus dem sonstigen Wirtschaftsleben ausgeschlossenen Juden auf das Geldgeschäft, Brunnenvergiftungs- und ähnliche Vorwürfe an Juden, durch so ausgelöste Pogrome schuldenfrei werden auf die „bequeme“ Art. Ach und die Sache mit dem "schaffenden" und dem "raffenden" Kapital...wer mag, Suchmaschine der Wahl. Konkreter wurde übrigens keiner der Redner. Vielleicht weil der Hinweis auf DIE ROTHSCHILDS zu offensichtlich gewesen wäre? Oder ist es einfach Unwissenheit, die aber wenigstens ganz laut? Nun, einer der Sänger wurde da dann doch direkter. Ein Hans Söllner-Song (danke für den Hinweis btw) wurde kurzerhand textlich leicht angepasst und schon kam, direkt aufeinander folgend, heraus: „Freiheit für Palästina. Schluss mit dem Krieg im heiligen Land. Nazi bleibt Nazi, egal welcher Mord“. Na, wer stellt die Verbindung selbst her? Lauter Jubel, tosender Applaus. Mir war übel.



Bezug auf aktuelle Ereignisse wurde natürlich auch genommen. Unter lautem Jubel wurde die „Erklärung der Republik Donezk“ vorgelesen. Nu kenn ich mich wahrlich nicht gut genug in diesem Konflikt aus, um mich dazu zu äußern. Allerdings durchaus interessant ist der fortlaufende Hinweis auf „ukrainische Faschisten“. Müssen schlimm sein, diese ausländischen Faschisten. Wahrlich so schlimm, dass man diejenigen, die auf die einheimischen Exemplare hinweisen, mit scharfen Worten geißelt. So schlimm, dass man die eben erwähnten Exemplare, die direkt vor einem stehen, entweder ignoriert, mit Handschlag begrüßt oder gleich umarmt und einlädt, mit einem am Tisch zu sitzen. Obiges Bild kommt erst richtig schön zur Geltung, wenn keine 5 Meter daneben Vanessa Becker, Karl Richter, Philipp Hasselbach und Co stehen. Sich angeregt mit anderen unterhaltend. Grinsend.

Abgerundet wurde das Bild noch von einem Redner, welcher von „Schämträils“ sprach. Jaha, die Regierung will uns vergiften. Funktionieren aber nur bei gutem Wetter, diese Chemtrails. Bei schlechtem Wetter wird das ganze ausgewaschen und ein Aluhut hilft sogar. Dieser Redner wurde immerhin nach wenigen Sätzen von der Bühne komplimentiert. Nachtrag 21.05.2014: Auf Facebook kam der Hinweis, dass es sich beim Redner um einen Antifa-Aktivisten handelte, der die Veranstaltung auf die Art und Weise trollen wollte Wie auf Twitter nachzulesen war, sind bei den Mahnwachen in Frankfurt/Main die Reden eine Woche vorher einzureichen. Schade, bei solchen Perlen. Nun möchte ich manch Redner wahrlich nicht seinen guten Willen absprechen, wenn er/sie von Frieden spricht. Allerdings ist es doch faszinierend zu sehen, wie einfach doch manch Lösung erscheint. Am Krieg sind schuld: Fracking, Öl, Zinsgeld, „Schämtrails“, „die da oben“, „die Mächtigen“, Faschisten (nur ausländische bitte, die aus eigener Produktion sind liep und toll, oder so). Was unter anderem hilft – hier wieder ein Zitat von gestern: „Geht’s wählen, wählts ungültig“. Soso, die Legende vom „ungültig wählen“ hält sich also weiterhin. Nun, interessant zu sehen, wie laut hier vermeintliche „Wahrheiten“ herausposaunt wurden und wie einfach doch alles sein muss, mit den Feindbildern „die da oben“, „die Mächtigen“, Zinsgeldsystem“. Aber ist das nicht ein wenig anstrengend, hinter jedem Busch Obama, Blair, Merkel zu vermuten? Ach, ich will das alles gar nicht so ganz nachvollziehen können. Es reicht zu sehen, auf wen laut brüllend gezeigt wird, und wer oder was keinerlei Erwähnung wert ist.
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Montag, 24. Februar 2014
Piraten und Geschichte, samt -#gate
Tl;dr: Brüste, Parteiprogramm, und was der gemeine Pirat von sowas hält.

Ja, es steht mal wieder ne Wahl vor der Tür. Diesmal: Kommunalwahl. Der Sonnenkönig Christian U. von der sPD tritt ja nu nich mehr an und es wird auch schon fleißigst plakatiert. Vor allem die Plakate der SPD sorgen für wahre Begeisterungsstürme. Eins stelle sich nur vor, die würden den OB (Oberbürgermeister) stellen…..Moment.

Nun, neben den üblichen Verdächtigen stehen nu natürlich wieder ganz dolle andere Parteien aufm Wahlzettel. Die Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) zum Beispiel. Macht auch fleißig Werbung der eher….ekelhaften Art. Und wer wissen will, um wen es sich bei der BIA handelt, der guggt aufs Personal. Ne Mischung aus NPD und Freies Netz Süd also. Besonders niedlich fand ich ja, als vor wenigen Tagen ein erst kürzlich aus der Haft Entlassener (links im Bild)
bei ner BIA-Kundgebung das „…gegen Ausländerkriminalität“-Plakat halten durfte. Von der BIA fleißig unterstützt gibt’s noch nen Schreihals, welcher seit geraumer Zeit Münchens Fußgängerzone unsicher macht und gegen „DEN ISLAAAAAAM“ hetzt. Ach und für PI-News (näh, darauf verlink ich nich) schreibter auch, der Herr Stürzenberger von „Die Freiheit“. Interessant übrigens, dass nahezu alle Parteien Variationen von „Damit München München bleibt“ verwenden. Hätte ja auch Angst, wenn auf einmal Paderborn draus wird. Aber Schwamm drüber.

Wo wir grad bei den etwas kruden Parteien sind, darf so ne lustige orangefarbene nicht fehlen. Erinnernse sich noch? „Klarmachen zum ändern“, „Politik mal ander5“. Frech, jung, irgendwie erfrischend. Nun, wie die Augenklappenträger das mit dem „ander5“ meinen, zeigense grad sehr schön. Nennt sich dann irgendwas mit dem Suffix „-gate“ zum Schluss. Im Moment also: „Bombergate“ in Verbindung mit „Orgagate“. Klar, es „gate“ (Schenkelklopfer) nur am Rande/gar nich um Kommunalpolitik, der ganze Spaß zeigt trotzdem, was von den „Piraten“ zu halten ist.

Dröseln wir das ganze doch mal ganz von Beginn auf:
Erinnert sich noch wer an die Nazi-Aufmärsche zum 13.02. jeden Jahres in Dresden? Ja, die spärlich Behaarten meinten, dem so genannten „Bombenholocaust“ gedenken zu müssen. Weil, am 13.02.1945 wurde Dresden, bis dahin nahezu ohne schweren Angriff ausgekommen, von Bombern angegriffen und die Innenstadt zerstört. Gab dann im nachhinein eine recht interessante Debatte über die Sinnhaftigkeit des ganzen. Kurz gesagt: In der DDR: Üble Machenschaften anglo-amerikanischer Bomber (und damit dem vom Reichspropagandaministerium gesäten Mythos von der „unschuldigen Stadt“ und der „sinnlosen Zerstörung“ doch recht nahe). Sind aber seitdem einige Jährchen vergangen und an Opferzahlen im hohen sechsstelligen Bereich und dem Mythos halten nur noch die politisch recht eindeutig Zuordenbaren fest.

Genug Geschichtsunterricht, nu der Nachklapp und damit wieder zurück gen Naziaufmärsche. Also, von den Naziaufmärschen hatten so einige denn doch mal die Schnauze voll, vom wegignorieren welches überraschenderweise nich geklappt hat auch. Also: blockieren das Ganze. Mit Erfolg, es wurden immer weniger Nazis die aufmarschierten. Die Fraktion „EY, BLOCKIEREN IS VOLL BÖÖÖÖSEEEE“ schrieb sich den Erfolg prompt auf die Flaggen und nu heißts, Händchenhalten (und Currywurschtfressend sich die eigene „Buntheit“ bestätigen) hätten zum Erfolg beigetragen. Schöner Erfolg, wenn beim Händchenhalten natürlich auch der nette Nazi von nebenan das Pfötchen reicht und gar betont wird, dass eins nich der Opfer der Shoa gedenken will sondern nur „der Deutschen“ (so zumindest Augenzeugenberichte vom 13.02.2014). Was ich davon halte, den Naziaufmarsch, welcher nu am Tag vorher geplant war, geheim zu halten und somit dafür zu sorgen, dass die Fackelträger ungestört marschieren konnten schreib ich lieber nich. Btw. Ist eins in Dresden da nich so ganz allein mit diesem Gedenken, ohne den Kontext zu beachten, aber dazu später mehr. Soll ja um die lustig orangefarbene Partei sich drehen.

Nun, Gegenproteste gabs auch am Dresdener Händchenhalte-Tag. Zum einen lautstarke „Wo wart ihr gestern!“-Rufe (<3), zum anderen zeigten auch zwei Frauen nackten Oberkörper. Eine davon dankte mit einer Inschrift auf dem entblößten Oberkörper Arthur Harris. Nun, Provokation halt (um jeden Preis? Ich will die Aktion nicht bewerten). Wer nu dachte, dass nur die Angesprochenen aufheulen würden, der sah sich getäuscht. Ein kleines Berliner Boulevardblatt brachte die Sensationsmeldung, dass es sich bei einer der Damen um ein Mitglied der Piratenpartei handelt, gar eine Kandidatin zur Europawahl. Schockschwernenot. Nun lebt so ein Blättchen natürlich von der Gier nach Sensationen, von generierten Klickzahlen….nun, Piratens tat dem Blatt den Gefallen und sprang durch den Ring hingehaltenerweise. Wer Twitter mal so ein bißchen mitverfolgt, der hat einen Shitstorm gigantischen Ausmaßes mitbekommen. Halb so wild, is ja nur Twitter, oder? Gut, per E-Mail und auf Facebook gabs auch kräftig was zu hören und wie zu vernehmen ist, glühen in den Piratenbüros auch die Leitungen. Von Sexismus bis Morddrohung alles dabei also. Fein das. Der Bundesvorstand der Piraten sah sich zu einem Statement genötigt, in dem er das eigene Parteimitglied in Schutz nahm und das ganze versuchte zu versachlichen. Klar, dass Piratens das nich auf sich sitzen lassen kann. Wo käme die Partei denn auch hin, wenn nicht die „Führungsetage“ mitmacht bei Fackel und Heugabel? Genau, 6 (oder 7? Hab den Überblick verloren) Landesvorstände der Piraten entblödeten sich nicht ein Statement abzugeben. (hier mal als Beispiel das Statement des LV Bayern) Fällt was auf? Richtig, die betroffenen Landesverbände Berlin (da isse Mitglied, die Frau Helm) und Sachsen (da liegt dieses Dresden) fehlen. Noch was? Richtig, Dresden außerhalb des Kontextes Weltkrieg II, außerhalb des Kontextes Shoa, außerhalb des….ach, abseits jeglichen aktuellen Standes der Geschichtsforschung. Irgendwie niedlich. Bei einer Partei, mit Anspruch auf mehr Prozente als bei letzten Wahlen bekommen.

Absurder geht nicht? Wir sind hier bei der lustigen orangefarbenen Parteihei. Also: nu mischt die Verwaltung mit und das bis hierhin so genannte #Bombergate geht nahtlos über in…#orgagate. Ein Schwung Admins der Piraten knipste denn mal Server aus und nannte das ganze „Streik“. Natürlich verbunden mit politischen Forderungen. Fällt wem was auf? Die Sache mit der politischen Bildung, und der historischen. Oben auch unter „Kontext“ mal kurz angerissen. Da ist eins froh, dass manch eine/r bei Piratens in der Verwaltung geparkt ist bei seine/m/r Verständnis von Politik und Geschichte und der sozialen Kompetenz und dort nich viel Schaden anrichten kann und dann das. Nett. Auch nett: Frau Helm hat gegen die Freiheitlich Demokratische Grundordnung (FDGO) verstoßen? Echt? Und das bei der Anwaltsdichte der Piraten. Übrigens, die oben genannten Gliederungen äußerten sich dann doch noch. Unter anderem stellt der LV Berlin nun Geld bereit zur „politischen Bildung“. Tut Not, dringend.

Übrigens stimmten in den Chor der Fackeln und Heugabel-Träger mit ein: die CDU-Neukölln (dort in der Bürgerversammlung sitzt: Anne Helm), bekennende Neonazis (na die haben gerade noch gefehlt), die AfD,….Wer Applaus von dieser Seite bekommt, sollte vielleicht mal ganz kurz innehalten und nachschauen, warum von da gejubelt wird. Nicht so mit Piratens. Jeder der hierauf hinweist, stellt die Schreihälse orangefarbenerweise ins „Nazi-Eck“ (achach, als ob eins das nich selbst geschafft hätte) und ist überhaupt ein „Linksextremist“ (ui, Extremismustheorie, sindwa wieder bei der Bildung). Ach, ne Zeichnerliste zu nem „Sonder-Parteitag“ gibt’s nu also auch. Niedlich. Haben die Ergebnisse bei den bisherigen Parteitagen nich gepasst? Soll dort vor versammelter Presse die genannte Dame öffentlich mit faulen Eiern und Tomaten beschrieben werden? Oder dem bisher nur im Netz und am Telefon geäußerten endlich Taten folgen? Wundern würds mich nicht.

Was bleibt:

Eine Partei die im Programm unter anderem die Forderung stehen hat, „Kritische Infrastruktur nicht aus politischen Gründen“ abzuschalten (-> siehe #Orgagate). Eine Partei, die für „Mehr Teilhabe“ und „Mehr Demokratie“ steht also. Eine Partei, die für die „Wahrung der Privatsphäre“ steht. (Übrigens arbeitet mit der Methode „Aufdecken von vermummten Antifaschisten“ noch andere. Nee, nich nur Boulevard und Piraten. Auch die Anti-Antifa.Ups, das „Nazi-Eck“, wie kann ich nur ). Na, das Parteiprogramm kann jeder selbst mit dem geschehenen abgleichen. Wünsch ich viel Spaß bei, bleibt bei der Partei leider nich mehr so viel über.
Ach, die Anne Helm hat sich nun per Interview gemeldet und bestätigt, dass sie eine der beiden Protestierenden ist. Sie spricht auch von Reaktionen, die auf das durch ein Berliner Boulevardblättchen geschehene Outing (samt innerparteilichem Gebrüll) folgten. Beispiel gefällig? (akute Triggerwarnung): Die deutsche Volksseele tobt. Dieses "DAS OUTING KOMMT VIEL ZU SPÄT" welches nun von den fleißigen Brüstebildern-Vergleichern aus der orangenen Partei kommt....ach, Krätze an Arsch, zu kurze Arme zum kratzen.

Na, genuch über die lustige orangefarbene Partei. Gewählt werden bei der Kommunalwahl 2014: Menschen, die sich aktiv gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit engagieren (und dabei nicht nur „Gesicht zeigen“ oder möglichst „Bunt“ auftreten). Menschen, die über ein Grundmaß an politischer und historischer Bildung verfügen. Weiß da schon, welche Parteien rausfallen. Die orangene gehört mit Sicherheit dazu.
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Samstag, 29. Juni 2013
München ist bunt
Seit Samstag den 22.06.2013 befinden sich am Rindermarkt in München Asylsuchende im Hungerstreik. Seit Dienstag den 25.06.2013 nehmen die Streikenden auch kein Wasser mehr zu sich. Hintergründe und Infos zu dieser Aktion gibt es auf der Seite refugeetentaction.net. Eine Bewertung der Aktion wie auch der Forderungen findet hier nicht statt. Die Reaktion des Münchner Bürgertums bleibt natürlich nicht aus. Die Asylsuchenden werden beschimpft, angepöbelt, mit Essen beworfen, ihnen - trotz der ausdrücklichen Bitte dies zu unterlassen - Essen angeboten, es wird versucht sie in Diskussionen über ihre Religion zu verwickeln....Nachfolgend wird, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ein kleiner Auszug dessen angeboten, was es tagtäglich zu hören gibt:

- Abschieben das Pack!
- Diese Leute sollen doch zurückgehen wo sie herkommen: in ihr islamisches Paradies!
- Die verprassen doch alle nur unser Geld was wir denen in den Arsch schieben!
- Denen geht es doch noch viel zu gut wenn sie sich erlauben können hier zu protestieren!
- Schaut sie euch an! Wie sie faul da liegen! Sollens halt arbeiten gehen statt uns hier auf der Tasche zu liegen!
- Die sind doch alle fremdgesteuert sonst würdens hier nicht so einen Aufstand machen!
- Die und diese ganze linke Bagage hier die von unseren Steuergeldern leben sollen gefälligst verschwinden!
- Für das eigene Volk wird nix getan aber DAS HIER sollen wir akzeptieren!
- Das sehe ich doch überhaupt nicht ein, dass ich für die ganzen Afrikaner hier auch noch bezahle. Wissen Sie was das kostet wenn die hier auch noch ihre Familien nachholen? STEUERGELDER!
- Wasserwerfer her und die Sache ist auf 10 Minuten erledigt.
- Darf ich mir das ganze hier anschauen? Schließlich zahle ich das hier mit. Ich bin ganz großer Steuerzahler.
- Mein ganzes Leben lang habe ich hart gearbeitet und dann wirst von DENEN da verschaukelt!
- WIR werden von Ausländern überrannt wenn wir DENEN das durchgehen lassen!
- Schmarotzer! Elende! Verschwindet von hier!
- Geht doch zurück wo ihr hergekommen seid wenns euch hier nicht passt!
- Sowas wie hier hätts früher nicht gegeben. Da wäre aufgeräumt worden.
- Denen gehts doch viel zu gut! Ich will auch Essenspakete! Aber die wissen halt nix zu schätzen und schmeißen lieber alles weg!
- Die Leut die hier herkommen haben ihr ganzes Leben doch noch nie was gearbeitet!
- Also ICH weiß wie es bei DENEN da unten abgeht. Da werden UNSERE Steuergelder hingeschickt und im nu ist alles was WIR denen dort hingestellt haben geklaut oder zerstört worden.

(Dank an all jene, die sich dem wütenden Mob Tag für Tag entgegen stellen)
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Montag, 1. Oktober 2012
Nazis-ärgern-Marathon 29.10.2012


Samstag, der 29. September. Es ist Wiesnzeit, in der Arena zu Fröttmaning ist ein Spiel und gleichzeitig…meldet die so genannte Bürgerinitiative Ausländerstopp, eine Tarnorganisation der NPD deren Personal deckungsgleich mit rechtsextremen Kameradschaften ist, sieben Kundgebungen an. Ein Tag, an dem man nicht unbedingt Polizist sein möchte. Allein die Wahl der Orte, an denen die Kundgebungen stattfinden sollte, sprach für sich. Eine Unterkunft für Migranten sollte der erste Treffpunkt sein, jedoch wurde die Kundgebung einige Meter weiter vor das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verlegt. Interessant, wo sich in München alles Behörden befinden und welche. Hier trafen sich in aller Herrgottsfrüh, sprich um 11:00 Uhr, bei leichtem Nieselregen ca. 150 Gegendemonstranten. Die SPD hatte hier die Gegendemo angemeldet und es fanden sich auch weitere Vertreter von Parteien ein wie bspw. der Grünen und sogar Piraten. Bekanntester Gegendemonstrant dürfte der ehemalige Verfassungsrichter Klaus Hahnzog gewesen sein, der sich an der Polizeiabsperrung leidenschaftlich mit den Einsatzkräften stritt. Mit kräftiger Verspätung trudelte dann auch der Kleinbus der BIA ein. Anscheinend hat man von der NPD gelernt, die für ihre Tour mit einem LKW französischen Fabrikats Spott erntete, denn man hatte sich einen Mercedes-9er gemietet. Mit dabei bei der BIA waren neben deren Vorsitzenden und Stadtrat Karl Richter natürlich wieder der unvermeidliche Karl-Heinz Statzberger und, erstaunlicherweise, sogar drei Frauen.

Auf der abgesperrten Boschetsrieder Straße, perfekt abgeschirmt von der Polizei, durfte dann der ein oder andere Nazi seine Reden vom Blatt ablesen. Zu verstehen war nix, zu weit gezogen der Polizeikessel und zu laut die Gegendemonstranten. Bereits nach 20 Minuten war der Spuk wieder vorbei und weiter gings für mich in der Familienkutsche eines Piraten gen Kafe Marat.
Dieser linke Szenetreff ist nicht nur der BIA ein Dorn im Auge, auch die CSU wettert nahezu regelmäßig im Stadtrat gegen diese Einrichtung. Natürlich findet das Marat auch im bayerischen Verfassungsschutzbericht Erwähnung, schließlich entgeht den Verfassungsschützern nichts, zumindest nicht wenn es im Verdacht steht links zu sein. Frage mich schön langsam, wer uns vor den Schützern schützt. Noch dazu, wenn diese sich als Hilfswillige der Regierung einspannen lassen und dies auch deutlich mit der immer wieder kehrenden Erwähnung des Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. , welcher deutlich bessere Arbeit abliefert, im Verfassungsschutzbericht zeigt. Aber weiter geht’s mit den Kundgebungen. Vor dem Marat war wieder weitläufig abgesperrt, und auch hier hatte sich ein bunter Trupp an Gegendemonstranten versammelt. Da die Entfernung zum Nazibus diesmal nicht so groß war, ließ sich sogar ein Teil der Reden verstehen, auch wenn Fistelstimme Statzberger und die Frauen, die ebenfalls Reden ablesen durften, nicht unbedingt das lauteste Organ haben. Da half auch die Lautsprecheranlage nicht viel. Was sich von den Reden vernehmen ließ, war der übliche Sermon aus willkürlich heraus gegriffenen Gewaltakten der Linken. Angezündete Polizeiautos und Schmierereien wurden betont um zu zeigen, wie gewalttätig er ist, der Gegner. Und natürlich, wie kann es auch anders sein, die Verschwendung an Steuergeldern für „linke“ Projekte wie das Kafe Marat, Jugendprojekte und ähnliches. Das meiste ging aber auch hier unter im Lärm der Gegendemonstranten. Dort anzutreffen übrigens wieder das, was manch einer als „schwarzer Block“ zu bezeichnen pflegt, sprich Jugendliche welche gerade mal im Stimmbruch angekommen waren. Hindert ja manch law-and-order-Fetischisten nicht daran, eine Gefahr daher zu fantasieren die von diesem „gewalttätigen Mob“ ausgeht. Aber auf eins ist wenigstens Verlass: kaum melden die Nazis Kundgebungen an, treffen diese Jugendlichen zuverlässig und bei jedem Wetter ein um lautstark ihrem Missfallen Ausdruck zu verleihen.

Nun, weiter gings vom Marat in Richtung einer….Moschee. Dass sich eine solche in unmittelbarer Nähe des Marat befindet, war mir bisher auch nicht bekannt, aber dank der Nazis lernt man ja dazu. Immerhin. Auf dem Weg zum nächsten Veranstaltungsort zeigte sich die Polizei dann leicht überfordert. Dem BIA-Bus kamen die Einsatzfahrzeuge nicht schnell genug hinterher. Die wenigen Polizisten, die den Bus begleiteten, lösten das Ganze dann auf bayerische Art: Schaulustige und Gegendemonstranten wurden recht sportlich von der Fahrbahn auf die sehr engen Gehwege gescheucht. Dass sich dabei manch Zivilpolizist optisch nicht unbedingt von den Nazis unterschied und sehr arrogant und brutal auftrat ist ja mittlerweile Usus und gehört irgendwie dazu in Bayern. In der Nähe der „Moschee“ (komm gleich dazu, warum hier Anführungszeichen gesetzt sind) bauten dann die Nazis wieder ihre Anlage auf, entrollten ihr Plakat und es durften wieder Reden vom Blatt abgelesen werden. Auch hier war eher wenig zu verstehen, zu laut die Gegendemonstranten. Mit dem Auto direkt zur Polizeiabsperrung vorzufahren und die Hupe dauerhaft zu betätigen stieß bei den Gegendemonstranten auf ungeteilte Begeisterung. Was von den Reden zu verstehen war, war der übliche islamophobe Sermon. Salafistische Gewalt wurde zur Bedrohung aufgeblasen die Deutschlands Existenz bedroht wogegen jeder vaterländische Geselle aufzustehen habe und ähnliches. Dass sich Karl Richter hier der exakt gleichen Argumentationsmuster bediente wie ein gewisser Stadtrat und Bayernpirat-gegen-Rechts, geschenkt. Auch zum guten Ton gehört natürlich die Betonung der Zustimmung zur Religionsfreiheit, natürlich mit einer Ausnahme, da „der“ Islam ja eine Gefahr für die Demokratie darstelle. Die Gefahr vor „Großmoscheen“, welche allerorten aus dem Boden sprießen, bekam ihre amüsante Note durch die Betrachtung des status quo. Sind Gebetsräume doch meist in irgendwelchen Hinterhöfen untergebracht, wie auch hier am Versammlungsort, einer unsansehnlichen Gegend.

Mit dem Piratenmobil, diesmal aufgefüllt mit noch zwei aufgegabelten Grünen, ging es weiter zum nächsten Kundgebungsort, dem Kulturladen Westend. Hier, in einer engen Seitenstraße in unmittelbarer Wiesnnähe, befindet sich also ebenfalls ein beliebter Treffpunkt Kulturschaffender. Auch hier trudelte der BIA-Bus mit Verspätung ein. Auf der Strecke wurde versucht eine Blockade zu errichten welche recht fix von der Polizei abgedrängt wurde. Auch hier wieder selbes Spiel: Bus parkt, Polizeikette steht, Plakat raus, Lautsprecheranlage aufgebaut, Reden vom Blatt ablesen. Hier, mitten im Wohngebiet, beteiligten sich auch Anwohner am kreativen Protest gegen den braunen Spuk. Die Beschallung mit Musik war kreativ, dass ich beim ein oder anderen 80er-Punk-Klassiker mittlerweile den Text kann, erstaunte mich selbst. Vom 1. Stock eines der angrenzenden Häuser wurde ein Banner entrollt und laut wars ebenfalls mal wieder. Von den Reden waren auch hier nur einzelne Schlagwörter wie „Steuergelder“ und „linke Gewalt“ zu vernehmen. Scheinbar wurden die selben Reden nochmal vom Blatt abgelesen. Bevor es jedoch fad wurde, ging es ab zum nächsten Veranstaltungsort, auch wenn mittlerweile sich die Frage stellte, wie die Nazis denn bitte aus dem engen Straßengewirr wieder rausfinden sollten.
Also, ab zum Feierwerk. Wie die BIA auf die Idee kommt, hier gegen „linke Gewalt“ demonstrieren zu wollen war nicht nur mir schleierhaft. Das vielfältige Angebot an Veranstaltungen dort ist scheinbar den Freunden des stark vereinfachten Weltbildes zu vielfältig, zu bunt, zu…wasweißdennich. Rational Denken scheint hier nicht angebracht, eher Kopfschütteln. Nach längerem Warten dann…keine Nazis in Sicht, dafür aber die Meldung: die Blockade vor dem Kulturladen Westend steht! Also schnellstmöglich mit leicht überfülltem Piratenmobil wieder gen Ligsalzstraße. Dort bot sich ein etwas surreales Bild. Mitten im Polizeikordon der graue Kleinbus der BIA, rundum der bunte Gegenprotest, dahinter torkelte der Wiesnbetrieb vorbei. Zwischendurch wurde sich aus den in der Nähe befindlichen Supermärkten versorgt und auch gelegentlicher Nieselregen konnte die gute Stimmung nicht trüben. Man stellte sich zwischendurch die Frage, ob denn überhaupt die weiteren Veranstaltungsorte angefahren werden können, so stark die Verspätung des Nazitross mittlerweile. Nachdem die Polizei genügend Verstärkung angekarrt hatte, wurde dann aber doch geräumt. Man suchte sich die schwächer besetzte Seite der Straße raus, zum Glück die gegenüberliegende. Auf liebevolle Behandlung durch dunkelblau gekleidete Behelmte hat man dann doch eher wenig Lust. Der Piratenmobilfahrer ging mittlerweile seinen familiären Verpflichtungen nach, also gings mit den Öffentlichen wieder zurück zum Feierwerk.

Auch hier jedoch war das Warten wieder vergeblich, denn die Karawane zog gleich zum nächsten Kundgebungsort. Da dieser im äußersten Osten lag und die Anfahrt dorthin zu lang gedauert hätte, ging es mithilfe des nächsten Fahrers halt zum letzten Ort des Aufmarsches. Im Norden Münchens sollte vor einem Einkaufszentrum der Abschluss des Nazis-ärgern-Marathons stattfinden. Vor dem Mira-Einkaufszentrum, direkt am U-Bahn-Halt Dülferstrasse gelegen, in einem Viertel mit recht hohem Anteil an Migranten, wollte die BIA ihre Parolen zum Besten geben. Aber auch hier das gleiche Bild wie an den anderen Orten: Polizeiabsperrung, laute Gegendemonstranten, nix zu verstehen. Den Gegendemonstranten schlossen sich übrigens, trotz strömenden Regens, spontan viele Besucher des Einkaufszentrums an. Nach den üblichen Rednern, Richter, Statzberger, eine der Frauen, wurden die Zelte wieder abgebrochen und der Bus durfte samt Begleitung wieder weiter fahren. Für mich gings dann auf den Heimweg. Müde, kaputt, stolz auf den Gegenprotest der sich auch nicht durch die Vielzahl an Veranstaltungsorten verwirren oder aufsplittern ließ. Überall sammelte sich eine Mischung aus jung und alt um die Nazis mit ihren Parolen ins Leere laufen zu lassen. Die Frage, was denn die BIA mit ihren Kundgebungen erreichen wollte, darf aber gestellt werden. Die Wahl der Orte, Moscheen, soziale Brennpunkte, linke Szenetreffs, in Verbindung mit den gewählten Mottos, war mit Sicherheit als Provokation gedacht. Aber „Linke Gewalt stoppen“ oder aber „Gegen Überfremdung und Ausländerkriminalität“ gehören mittlerweile eh zum Standardrepertoire der Nazis und der Neuen Rechten. Hier war also nix Neues zu erwarten und zu vernehmen. Immerhin gab es für die Nazis Nachschub an Bildmaterial für ihre Sammlungen. Recht fleißig wurden die Gegendemonstranten fotografiert und auch stolz Bilder der Redner gemacht welche sicherlich wieder Eingang in die üblichen Erfolgsmeldungen finden werden. Auch von Polizeiseite wurde wieder fleißig gefilmt und fotografiert. Wobei hier ein Regenschirm sich wunderbar als Abschirmung vor unerwünschten Aufnahmen eignet. Dass ausschließlich die Gegendemonstranten von der Polizei gefilmt wurde spricht wohl für sich. Der braune Mob scheint gut bekannt und spätestens seit dem Aufkommen des NSU-Sumpfes würde einem hier noch viel fieseres einfallen. Auf Gegendemo-Seite missfallen hat die scheints unvermeidliche Kapitalismuskritik. Unnötig weil unpassend. Lieber kreativerer Protest, der auch mal einen Anstoß zum nachdenken bringt.

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Dienstag, 4. September 2012
Ausflug zu den Piraten
Für alle, denen das gleich zu lang wird, mal die Kurzfassung: Eingetreten bei den Piraten im Dezember 2011, ein wenig hier, ein wenig da mitgemacht, ausgetreten Ende August diesen Jahres. Zu den Gründen für den Austritt zählen unter anderem der Umgang miteinander, der mangelnde Willen bzw. die Fähigkeit zur Selbstkritik, der Piraten-Pluralismus, das bigotte Verhalten, etc. et al. (Nein, der twitternde Pirat selbigen Namens ist hier nicht gemeint).

Ja, ich habe längere Zeit gesucht, nach dieser passenden Partei. Meinte sie in der SPD gefunden zu haben nur um dann zu merken, dass so ein klüngelnder Altherren(und teils auch -damen-)verein dann doch nicht das Richtige für mich ist. Das top-down-Prinzip, nach dem man dort vorgeht, ist dann eher nicht so meins. Abnickveranstaltungen ebenfalls nicht. Und Delegiertensysteme und ähnliches habe ich dank meines Vereins eh gefressen. Eine relativ neue Partei mit vielfältigen Partizipationsmöglichkeiten, welche nach eigener Aussage vom hierarchischen Prinzip anderer Parteien wenig hält, erschien mir da vielversprechend. Auch das – laut manch Medienberichten nicht vorhandene - Programm las sich recht interessant, und so kam es wie es kommen musste: Mitgliedsantrag ausgefüllt, abgeschickt, erst mal abgewartet.

Die Begrüßungsmail mit einigen Infos zu Stammtischen und Co. kam recht fix, der – eigentlich eher unwichtige – Mitgliedsausweis ließ etwas auf sich warten, was solls. Es folgten diverse Stammtischbesuche, Engagement mal hier mal da. In der Zeitung steht was von Stau bei der Bearbeitung von Mitgliedsanträgen? Gut, dann Datenschutzschulung und auf geht’s und versucht da mit Abhilfe zu schaffen. Ja, das mit diesem „du hast den Job“ geht recht schnell bei den Piraten. Der Beteiligungsmöglichkeiten gibt es mehr als genug, auch wenn man schnell mal den Überblick verlieren kann. Mailinglisten, ein Meinungsbildungstool namens Liquid Feedback (LQFB), das Wiki, Piratenpads, Mumble (Telefonkonferenzen) usw usf. Da den Überblick zu behalten fällt nicht immer einfach und es erfordert schon einen nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand um sich einzuarbeiten in verschiedene Tools. Nicht jedem Mitglied ist es möglich diese Zeit aufzubringen, manch einer ist auch nicht unbedingt sonderlich technikaffin. Dies heißt es zu respektieren, eigentlich. Denn bereits hier, beim Umgang mit Neumitgliedern zeigt sich eine gewisse „Haltet den Dieb“-Mentalität.

Anstatt Initiativen die es sich zum Ziel gesetzt haben, Neumitgliedern den Einstieg zu erleichtern bzw. allgemein mehr Verständnis für bestehende Tools zu schaffen, zu unterstützen, sei es mit Arbeitskraft oder durch neue Ideen, werden lieber bestehende Tools als das ultimativ Böse verteufelt. Von sachlichem Austausch ist man da weit entfernt, was eher zu zählen scheint sind Köpfe die man gern fordert, weil $Pirat für LQFB eintritt oder eher dagegen ist. (Zur Info: in Bayern gibt es noch kein landesweites LQFB, soll aber angeblich bald eingeführt werden, ob es in der momentan herrschenden Stimmung auf Gegenliebe treffen wird ist mehr als fraglich). Überhaupt, der Umgang miteinander...ein Trauerspiel. Neumitglieder sind mit Sicherheit begeistert, wenn wieder einmal strukturelle Probleme innerhalb der Piraten auf ihrem Rücken ausgetragen werden.

Gern bezeichnen die Piraten sich als nicht links und nicht rechts. Aus dem eindimenionalen Parteienschema wollen sie sich heraus halten....und merken dabei gar nicht, wer das alles für sich zu nutzen weiß. Oder sie wollen es nicht bemerken? Engagement gegen Ausgrenzung, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist ja nicht einmal innerhalb der Partei Konsens. Wer dazu aufruft, sich den Verfechtern der Ausgrenzung und des gestrigen Gedankengutes entgegen zu stellen, der wird schnell niedergebrüllt. Entweder von der Fraktion derer, die gleich hinter jeglichem Engagement eine linksgrüngutmenschliche Verschwörung wittert und sofort zum NAZI-Gebrüll anhebt oder aber von der Fraktion derer, die sich lieber hinter dem herunter gezogenen Rollo versteckt. Auch sozialdarwinistisches Verhalten ist ihm nicht fremd, dem Piraten. Wer nicht arbeitet, der soll auch nix fressen. Und wer sich dann noch erdreistet ehrenamtlich zu arbeiten, erst recht nicht. Klar, mit dieser Haltung kann man wunderbar mit dem Strom mitschwimmen und spiegelt den gesellschaftlichen Konsens wunderbar wider. Aber bitte, liebe Piraten, versucht doch nicht Eure Haltung noch als irgendwie progressiv zu verkaufen.
Man kann bei einem Parteitag natürlich beschließen, dass Holocaustleugnung den Grundsätzen der Partei widerspricht. Ebenso kann man im Grundsatzprogramm von „Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit„ distanzieren und sie für „unvereinbar mit den Werten und Zielen der Piratenpartei“ halten. Wenn man sich dafür aber nicht einsetzen will und im Gegenteil diejenigen angreift, die sich dafür einsetzen entpuppt sich das ganze als Augenwischerei.

Es gab da kürzlich ein Twittermeme, #wirsindAliCologne hieß es. Ein Pirat wurde für seine Haltung in der Beschneidungsdebatte angegriffen. Nach seinem Auftritt im ZDF hagelte es (Mord-)Drohungen und ein abgeschnittenes Schweineohr fand sich in seinem Briefkasten. Unter den Piraten wurde sofort zu Solidarität aufgerufen und der Ruf nach Aktionen wurde laut. Eventuell entsteht hier sogar etwas nachhaltiges weitab vom Klicktivismus/Aktivismus der im Netz gern gezeigt wird. Andererseits stellte sich mir die Frage, wie denn nun innerhalb der Piraten damit umgegangen würde, wäre der Pirat nicht Angegriffener sondern Angreifer gewesen, also hätte selbst mit Sprüchen/Aktionen ausgrenzenderweise von sich reden gemacht. Nun, da muss man nicht lang suchen, denn der Beispiele gab es genug. Da werden sie laut, die Stimmen die da rufen „Er meint es ja nicht so...“, „Er ist nun mal so“, „Aber er tut doch so viel, arbeitet doch so gut,...“ und als Belohnung gibt es dann noch, neben der Relativiererei, ein Pöstchen wenns genehm ist. Und, wie kann es auch anders sein, natürlich ist derjenige zur Verantwortung zu ziehen, der auf Missstände hinweist, nicht derjenige der sie verursacht.

Ja, man scheint stolz zu sein auf seine Trolle, die man sich gern hält. Ist ja auch praktisch, so ein Troll. Kann man immer vorschicken, wenn wieder ein mal einer es wagt auf Missstände hinzuweisen, wenn mal wieder eine Äußerung eines Piraten, den man persönlich eh nicht leiden kann, durch die Medien geistert oder man sonst irgendwie eine Aktion plant die eher etwas von Heckenschützenverhalten hat denn von ernsthafter Politik. Dass jemand, der selbst zur Hexenjagd blies, kurz darauf einen Blogbeitrag veröffentlichte, in dem er von eigenen Erfahrungen mit Mobbing während seiner Jugend berichtete, ist da nur ein leidlich amüsanter Aspekt am Rande. Und das man wohlwissend, dass man das Problem nicht an der Dauer der Parteizugehörigkeit festmachen kann, trotzdem fortlaufend die Probleme auf die Neupiraten schiebt, ebenso. Bereits hier zeigt sich, dass man lieber Köpfe fordert als strukturelle Probleme in den Griff zu bekommen.

Zu den ungelösten strukturellen Problemen scheint auch das allgemeine Piratige Mandat zu zählen. Dieses sagt aus, dass “Wenn du eine Idee hast die nichts kostet und und positiv für die Partei ist, setze sie um!“ Im Grunde genommen kein so schlechter Ansatz, er lädt jedoch zu Missbrauch ein. Und was macht man innerhalb der Partei, ist dieser Missbrauch erst einmal geschehen? Richtig, Hexenjagd. Anstatt sich dem Problem dahinter zu widmen, wird auf Köpfe eingedroschen. Auf diejenigen, die bei der Schadensbegrenzung übers Ziel hinausschossen ebenso wie auf denjenigen, der dieses Mandat vielleicht doch etwas zu weit auslegte. Was so eine Hexenjagd bringt, außer verärgerter Mitglieder die ihre Zeit für sinnvolleres einsetzen könnten, wird wohl das Geheimnis der Piraten bleiben. Ebenso warum man unverzüglich zum nächstbesten Vorstand rennen muss um diesen mit möglichst vielen Wünschen, wie denn damit nun umzugehen ist und wessen Kopf zuerst rollen soll, zu belästigen. Diese „Klassensprecher, tu doch was“-Haltung passt nun eher mittelgut zu dem erklärten Ziel, für flachere Strukturen einzutreten. Aber mei, die Piraten eben. Man sollte sie vielleicht doch eher in „Die Bigotten“ umbenennen.

Die Medien, sie greifen natürlich gar dankbar das Stöckchen auf, das ihnen die Piraten hinhalten. Man kann zu den deutschsprachigen Medien nun stehen wie man will, aber diese verantwortlich zu machen für die selbst verschuldeten Probleme, das können mit dieser Vehemenz wohl nur die Piraten. Wer ist schuld wenn mal wieder ein Pirat wenig Durchdachtes von sich gegeben hat? Richtig, die Medien. Wer ist schuld wenn sich Piraten mal wieder gegenseitig die Köpfe einschlagen? Die Medien, die Bösen die. Dabei sind es doch die Piraten, die mit ihrem innerparteilichen Umgang, mit dem Umgang mit Fehlern selbstverschuldeterweise und ihrer Wagenburgmentalität eher an eine Sekte erinnern, denn an eine ernstzunehmende Partei.

Schade eigentlich, die Ansätze sind nicht die schlechtesten. Die Ideen teils auch nicht. Eine Partei mit vielfältigen Beteiligungsmöglichkeiten, die sich für Bürgerrechte einsetzt und das ganz ohne Sandförmchenklaustreitereien, das wärs.


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