Sonntag, 21. Februar 2016
Deutsche Zustände
Nun also Clausnitz und Bautzen . Zwei weitere Einträge in der Liste der Städte, in der „das Volk“ zeigte, welche Werte und Kultur es verteidigt, welcher Mittel es sich bedient. Ich muss zugeben, dass es nicht einer gewissen morbiden Faszination entbehrt, mit welch Geschwindigkeit der Mob die Straßen beherrscht. Dass es rassistisches Mobilisierungspotential, auch mitten unter uns, gibt, wurde ja bereits ausgiebig in verschiedenen Studien aufgezeigt . Allein – es wollte und will auch jetzt keiner hören oder lesen. Stattdessen: Empörung über den beschädigten Ruf und der Hinweis, dass „nicht alle Sachsen“ so seien. Als hätte dies auch nur irgendwer behauptet. Auch hätte man erahnen können, was da unter uns schlummert(e), hätte man auch nur ein einziges Mal Stimmen von Betroffenen gehört. Schwarze, LGBTIQ, Muslime, Juden, alle, die nicht der weißdeutschen Norm entsprechen weisen und wiesen wiederholt darauf hin, was für sie Alltag ist. Die Empörung, die also jetzt wieder ganz laut durch das Netz geblasen wird, entbehrt also nicht einer gewissen Verlogenheit. Denn auch linke Gruppierungen warnten immer wieder vor dem Potential, wurden und werden auch weiterhin diffamiert und beschimpft. Hauptsache man selbst hat sich als braves Mitglied der ach so guten und braven Mitte dargestellt.

Doch wie schaut denn nun der Plan aus, wie man der Pogromstimmung begegnen will? Nun, dazu müsste das Problem erst einmal beim Namen benannt werden, und selbst daran scheitert man bereits kläglich. Rassismus kann nur als solcher erkannt werden, wenn er auch so benannt wird. Stattdessen jedoch liest man allerorten von „Fremdenfeindlichkeit“, von „Asylgegnern“ ist die Rede oder von „Flüchtlingsfeinden“. Chapeau an die Redaktionen denen hier nicht einmal ein Licht aufgeht, wenn ihre eigenen Reporter samt Fahrzeugen Ziel von Angriffen werden. Der Plan der dahinter steckt, Rassisten mit Begriffen wie „dumm“, „minderbemittelt“, „bildungsfern“, „dick“, „arbeitslos“ zu belegen erschließt sich mir auch nicht so ganz. Es lässt sich nicht einmal empirisch belegen, aber Hauptsache marginalisierte Gruppen vor den Bus geschubst. Dass auf „Wir sind das Volk“ nun auch noch regiert wird indem man selbst völkisch reagiert und erklärt, Rassisten seien nicht Teil des Volkes, passt ins Bild. Das Problem wird wegdefiniert, es wird weggeschoben aus der eigenen Gruppe und so braucht man sich damit auch gar nicht groß damit beschäftigen.

Groß ist auch die Zahl derer die meinen, man könne den Rassisten argumentativ begegnen, man müsse mit ihnen reden und sie einbinden. Sachsen ist hier eigentlich das schönste Beispiel, wohin dies führt. Pegida und der restliche rassistische Mob wurde und wird auf Podien eingeladen, es gibt und gab Gesprächsangebote, von dem was durch Talkshows geistert und geleitartikelt wird will ich erst gar nicht anfangen. Rassisten wird bereits breitester Raum gegeben, sie kommen bereits überall zu Wort. Ihre Reaktion ist jedoch eine zunehmende Radikalisierung, das gesellschaftliche Klima wird zunehmend vergiftet. Mittlerweile finden sich Ausdrücke und Forderungen im Diskurs, die man vor nur wenigen Monaten nicht auch nur ansatzweise für möglich hielt. Das sich in Leitartikeln fortlaufend der Hinweis findet, wie vergiftet die Debatte doch von rechts UND links ist spricht der Realität Hohn, passt aber ebenfalls sehr gut ins Bild. Man möchte diesen Menschen ein „Dann tut doch was dagegen“ entgegen schreien. Allerdings möchte man, sieht man die Reaktionen der ach so guten und braven Mitte auf Pogrome und Radikalisierung gar nicht so genau wissen, wie diese Antwort aussehen würde.

Ich muss zugeben, ebenfalls ratlos zu sein. Wie hier eine Reaktion aussehen sollte und müsste, welche Taktik hier sinnvoll wäre, weiß ich auch nicht. Wünschenswert wäre, den Betroffenen hier eine Stimme zu geben. Weiße, sich selbst als Opfer stilisierende Stimmen gibt es bereits genug. Es wäre wünschenswert denen einen breiteren Raum zu geben, die Ziel der Rassisten sind. Denn es sollte allen klar sein, was das Ziel des tobenden Mobs ist: die Abschaffung der pluralistischen Gesellschaft. Wünschenswert wäre also auch, diesen Menschen ganz klar Grenzen aufzuzeigen. Wünschenswert wäre hier eine Justiz, welche ihrer Arbeit nachkommt. Staatliche Organe, die hier Druck aufbauen bevor ein neuer NSU entsteht (wenn dies nicht schon geschehen ist. Montags finden ja in einigen Städten von der Mehrheitsbevölkerung geduldete Vernetzungstreffen der Rassisten, Nazis und Rechtsterroristen statt). Wünschenswert wäre auch eine Politik die agiert, nicht reagiert. Ich muss zugeben dass ich mich in keiner der Parteien wiederfinde. Nirgends wird eine Perspektive aufgezeigt. Nirgends findet man eine Vision einer linken, progressiven Politik. Von Unterstützung seitens der Politik für marginaliserte Gruppen ganz zu schweigen. Wünschenswert wäre eine Gesellschaft die sich dem Mob entgegen stellt fernab von Lügen wie „Refugees welcome“ und „$Stadtname ist bunt“. Allerdings sehe ich dies alles nicht einmal in Ansätzen. Es bleibt die Angst. Angst die jedoch niemand ernst nimmt, da sie nicht rassistisch aufgeladen ist.
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Sonntag, 7. Februar 2016
Aufstand der Anständigen

Kurzer Rückblick:
Mitte 2014 zieht ein mehrtausendköpfiger Mob durch München und zeigt, in welchem Gewand die Ritualmordlegende heutzutage daherkommt. „Kindermörder Israel“, „Kriegstreiber Israel“; „Zionisten sind Faschisten“ wird skandiert. Der größte antisemitische Aufmarsch in München seit den großen Erfolgen aus den Tagen der „Hauptstadt der Bewegung“. Aufstand der Anständigen? Der Gegenprotest war zu zehnt. Ende des Jahres entsteht dann aus den allwöchentlichen Auftritten der rassistischen Kleinstpartei „Die Freiheit“, welche Münchner Plätze immer wieder an ihrem Wissen über „die“ Muslime teilhaben lässt, der Münchner Ableger von Pegida. Gegenprotest? Gar Aufstand der Anständigen? Feiert sich selbst mit viel Prominenz, lässt sich anschließend nicht mehr blicken.

Spätsommer 2015. Züge mit Geflüchteten erreichen München. Die Aussteigenden werden mit Klatschen, Jubeln, Geschenken empfangen. Tausende Münchner spenden oder melden sich freiwillig. Noch immer engagieren sich viele Münchner, versuchen zu helfen. Pegida München gibt es immer noch, ist auch deutlich angewachsen von einem versprengten Häuflein zu einer Teilnahme von regelmäßig ca. 250 Rockern, Hools, Rassisten. Auch „Die Rechte“ beehrt München gelegentlich, bleibt dabei allerdings im niedrigen zweistelligen Bereich an Teilnehmern. Gegenprotest? Die üblichen Verdächtigen. Die selben, die bereits in der Flüchtlingeshilfe aktiv waren oder sind. Die gleichen, die seit Jahren bereits sich den Rassisten entgegen stellen.

Februar 2016. Es haben bereits über 100 Angriffe auf Unterkünfte von Schutzsuchenden stattgefunden. Dabei wurden unter anderem Gasflaschen eingesetzt. Es randaliert der Mob auf den Straßen, werden Menschen angegriffen, welche nicht weißdeutsch genug aussehen. Das nicht ganz unwichtige Wort „Rassismus“ findet sich in Meldungen der Presse allerdings nicht. Allerorten wird verniedlicht. Von „Asylkritikern“ ist die Rede, gar von „Islamgegegnern“. Das Thema Gewalt, wenn sie nicht von Deutschen begangen wurde, beherrscht die Schlagzeilen, die Talkshows, die TV-Nachrichten. Das Feuilleton ereifert sich lieber darüber, dass es doch wirklich noch Menschen gibt, die sich dem entgegen stellen, die ihre Stimme erheben. Von einem von Altenbockum oder ähnlichen Kalibern fange ich lieber erst gar nicht an. Aufstand der Anständigen? Statt sich vor die zu stellen, die angegriffen werden, sei es verbal oder körperlich, wird sich darüber beschwert, dass das Ansehen Deutschlands im Ausland gelitten habe. Es wird darüber debattiert, Schutzsuchenden noch mehr Steine in die Wege zu legen.

Auch bei Gegenprotesten zu rassistischen Aufmärschen hier in München wird der Ton rauer. Familienväter debattieren darüber, ob Pegida und „Die Rechte“ überhaupt Rechte sind. Ältere Männer bejubeln und beklatschen die Aufmärsche. Gegendemonstranten werden als „Zecken“ beschimpft, als „Ungeziefer“, als „schlimmer als die Nazis“, als „kommunistische Arschlöcher“. Es kommt immer wieder fast zu Handgreiflichkeiten, wenn geifernde weiße Männer ihrem Hass auf Linke oder vermeintliche Ausländer freien Lauf lassen. „Wir sind mehr als die“ ertönte und ertönt es noch immer wieder frohlockend aus linken Kreisen, wenn ein Rassistenaufmarsch unter den Erwartungen blieb. Der Ausruf übersieht den Aufstand der Anständigen, welcher sich noch(!) nicht traut, mitzumarschieren. Der geforderte Aufstand der Anständigen, er ist da. Im Gewand des hässlichen Deutschen, versteht sich. Man ertappt sich bei dem Wunsch, der Aufstand der Anständigen wäre ausgeblieben. Man ertappt sich beim Wunsch, die Anständigen hätten die Fresse gehalten. Was bleibt, ist die Flucht in Sarkasmus und Zynismus und die vollkommen unrealistische Flucht in Träumereien von eigener Flucht in ein Land, welches nicht so deutsch ist. Es bleibt die Flucht in die innere Emigration.
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Freitag, 23. Oktober 2015
Knalltüten
Nicht einfach, diese Zeiten. Von allen Seiten kommts gar knalltütig daher. Als kleine Handreichung dafür, wie man diese Knalltüten denn nun eindeutig erkennt, gibts das hier:

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Montag, 19. Oktober 2015
Ecken, Kanten, Geflüchtete
Zum Thema Geflüchtete, gibt’s nen recht lesenswerten Artikel drüben beim ColliniSue/Wochenendrebellen. Ein längerer, lesenswerter Text, vor allem deswegen, da hier auch aus der Erfahrung aus dem direkten Umgang mit Betroffenen heraus gesprochen wird. Allerdings les ich den Text dann doch mit einem lachenden und einen weinenden Auge. Unter anderem deswegen, da im Text der ein oder andere Punkt ausgeführt wird, der mich dann doch n bisschen nachdenklich werden lässt. Aber der Reihe nach: (Anmerkung: nicht alle Punkte, die ich anspreche, beziehen sich unbedingt auf den Beitrag drüben beim Collini)

Klare Kante gegen Nazis, schön, wichtig, leider viel zu selten Stattdessen gibt es oft Relativierungen, Entschuldigungen oder – sehr beliebt und jetzt beim Köln-Attentäter erst wieder hervorragend anschaulich gemacht – das beliebte Aus-der-Verantwortung-nehmen. Dies geschieht dadurch, dass dem Täter die geistige Reife abgesprochen wird, so eine Tat bewusst geplant und ausgeführt zu haben. Tauchen bei einem Attentat die Worte „geistig verwirrt“, „irre“ und „Einzeltäter auf, ist der Täter grundsätzlich weiß und Deutscher. Denn dass ein solcher Täter aus Überzeugung handelt, das kann und darf nicht sein. Denn dies würde bedeuten, dass wir alle uns mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen müssen. Daher tauchen Begriffe wie „Rassismus“ und „Attentat“ erst gar nicht auf, sondern werden schön umschrieben. Kleiner Tipp: Fremdenhass, lässt sich in 100% der Fälle auch eindeutiger beschreiben: Rassismus. Und das ist der Punkt, an dem anzusetzen ist. Das wird nicht klar benannt, sondern als Ängste und/oder Sorgen umschrieben. Das Problem ist eben nicht, dass zu schnell jemand als „Nazi“ benannt wird, sondern dass das Problem gar nicht erst beim Namen genannt wird. Das Problem heißt Rassismus, und das geht uns alle an. Da mach ich mir um den „echten“ Nazi gar nich so groß den Kopp drum. Der steht zu seiner Haltung und zeigt auch in seinen Forderungen, worum es ihm geht: Reinhaltung des deutschen Volkes, Vorrang für Deutsche (außer sie sind schwarz, haben einen ausländisch klingenden Namen, sind schwul, weichen anders von der Norm ab). Dagegen haben wir den „besorgten Bürger“ (ja, ich weiß, Euphemismus) der durchaus geschickt seine „Ich habe ja nichts gegen, aber...“-Haltung zum Ausdruck bringt.

Um es kurz zu machen: die Nazis sehe ich nicht so als Problem, auch nicht die „braune Brut“, wie es so schön heißt. Das Problem sind die, die relativieren, die applaudieren, die zustimmen. Denen ist das auch vollkommen wurscht, wie viele Nazis nun bei Pegida mitmarschieren, schließlich teilt man das selbe Weltbild. Hat die selben Ziele. Und hier müssen wir ganz klar zugeben, hat Pegida gewonnen. Von den ursprünglichen Forderungen wurde bereits ein Großteil umgesetzt. Dank an CDU/CSU/SPD/GRÜNE. Eine „Radikalisierung“, wie sie so oft beschrieben wird findet auch deshalb statt, weil den durch und durch rassistischen Forderungen und Wünschen entsprochen wurde. Sie findet auch deshalb statt, weil eben nicht diese „Kein Fußbreit“-Haltung gelebt wird, sondern dem rassistischen Volk mit Verständnis begegnet wurde und wird. Weil sie und ihre Taten entschuldigt oder aber mit einem Schulterzucken hingenommen wird. Relevant wird’s erst, wenn das Opfer dieser Taten aus den „eigenen Reihen“ stammt, also weiß und deutsch ist. Die Radikalisierung findet statt, weil – dies wurde auch sehr schön kürzlich in der Doku "Dunkles Deutschland" so benannt - den Rassisten eben nicht entschieden entgegen getreten wird. Und sie findet auch deswegen statt, weil wir alle nicht auf die gehört haben, die bereits seit langem davor warnen: Betroffenen. Die, die direkt betroffen sind (da sie nicht der Norm entsprechen, siehe oben) warnen schon lange vor dem, was wir die letzten Monate erleben, sie haben aber keine Stimme, sie werden nicht gehört.

Es ist damit zu rechnen, dass die, die ausgegrenzt werden und wurden, demnächst wieder auf die Straße gehen. Es wäre schön und wünschenswert, wenn diese Menschen und ihre Forderungen ernst genommen werden. Vor einiger Zeit sind in München bereits schon einmal Geflüchtete auf die Straße gegangen. Es gab Unterstützung von den üblichen Verdächtigen, die auch die letzten Wochen im Einsatz waren. Aber es gab natürlich auch die zu erwartenden Reaktionen von der guten und braven Mitte. Ich schrieb bereits darüber. Es gab seitens der Politik (Tach, liebe Rathaus-SPD) wie auch der Presse (huhu liebe Süddeutsche) den geglückten Versuch, die Forderungen als „von Personen aus dem linksextremen Spektrum eingeredet“ hinzustellen. Wie wäre es denn, wir nehmen die Menschen das nächste Mal ernst. Wie wäre es denn, dass wir denen eine Stimme geben, (ohne über sie zu sprechen, die können sehr gut für sich selbst sprechen) die sonst keine Stimme haben. Aufregen über die üblichen rassistischen Knallchargen können wir uns dann immer noch. (Und warum ausgrenzende Sprache und Verniedlichungen wie "Asylkritiker" ein Problem sind, das gibt’s drüben beim Sprachblog in besser und fundierter als von mir)
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Dienstag, 6. Oktober 2015
München ist bunt?
Pegida marschiert, pardon spaziert immer noch jeden Montag durch München. Es sind nicht sonderlich viele, welche sich da Woche für Woche treffen. Anfangs weit über 1000, hat sich die Zahl mittlerweile bei um die 150 Teilnehmer eingependelt. Zeit also, Pegida zu ignorieren, oder?

Eine Frage, über die man in München, der so genannten „Weltstadt mit Herz“ nicht zu diskutieren braucht, denn es wird schon fleißig ignoriert. Gegenprotest findet faktisch nicht mehr statt und es bedarf schon einiges an Mobilisierung und persönlicher Überzeugungsarbeit um überhaupt annähernd beim Gegenprotest die Teilnehmerzahl von Pegida selbst zu erreichen. Verwundern muss einen dies allerdings nicht. Wer lässt sich schon gern Montag für Montag von der Polizei für Nichtigkeiten durch die Gegend schubsen, während Hitlergrüße seitens Pegida ungeahndet bleiben. Wer lässt sich schon gern Woche für Woche von Passanten beschimpfen, während rassistische und völkische Parolen seitens Pegida niemanden dieser ach so „bunten“ Münchner stören. „Kaufts eich an Koran“, „Armes Deutschland“, „Ihr und die Asylanten, alle in Sack stecken und dann…“ ist da noch das harmloseste, was es zu hören gibt. Aber man will sich nicht beschweren, München ist ja schließlich „bunt“ und von den sächsischen No-Go-Areas weit entfernt.

Nun wäre es ein leichtes, den Münchner Pegida-Ableger aufgrund der Anzahl der Teilnehmer als harmlos zu bezeichnen. München ist nun nicht unbedingt die kleinste Stadt, und um die 150 Menschen fallen da kaum ins Gewicht. Aber nicht nur die – eben beschriebene – Reaktion von Passanten zeigt, dass rassistische und völkische Parolen dankbare Abnehmer finden. München hat hier ja bereits bei Protesten von Geflüchteten sein hässliches Gesicht gezeigt. Als „Schmierereien“ verharmloste Anschläge auf Moscheen und Unterkünfte ebenso wie der Angriff auf einen Döner-Imbiss im Umland Münchens zeigen recht anschaulich, dass sich der ein oder andere ermutigt fühlt, nun selbst tätig zu werden. Und auch der Gegenprotest zeigt, dass es in München eben keinen „breiten“ Konsens gegen Pegida gibt sondern immer und immer wieder die gleichen den Kopf hinhalten.

Nun könnte man es ja mit Argumenten versuchen, gegen den Mini-Mob. Wird halt nur ein wenig eng, wenn Pegida selbst sagt, dass „…nun endlich Politiker fordern und umsetzen, was wir schon länger fordern“ und damit gar nicht mal so falsch liegen. Allethalben wird sich im Moment mit Forderungen überboten, um Geflüchtete zu kriminalisieren, zu entrechten, sie „uns“ bloß vom Leib zu halten. Dass sich die am gestrigen Montag, den 05.10.2015, geäußerte Forderung nach „Grenzen endlich ganz schließen“ mit dem „Was wollt ihr Linken eigentlich, eine Mauer um Deutschland?“ beißt, geschenkt. Solch Widersprüche gehören dazu und zeigen auch sehr schön, dass man mit Argumenten halt irgendwann auch mal an einem Punkt ist an dem man einsehen muss, dass diese komplett fürn Fuß sind. Widersprüche gehören dazu und nimmt man hin. Gern gesehen ist, was das eigene Weltbild bestätigt und dazu geeignet ist, den Hass auf alles was nicht weißdeutsch genug ist zu bestätigen (und nach außen hin zu verschleiern. Aber anderes Thema).

Es ist schon faszinierend zu sehen, dass ein rassistischer Mob Woche für Woche nahezu ungestört durch München ziehen kann. Dass dieser Mob, sich der Provokation sehr bewusst, vor Feldherrnhalle und Co aufmarschieren darf. Es ist bezeichnend, dass Straftaten seitens des Mobs bei der Polizei niemanden stören, während die Presse in ihrer Arbeit behindert wird und es schon eine Anzeige dafür gibt, als Fotograf mit dem ausgelösten Blitz „einen Demoteilnehmer geblendet“ zu haben. Die Polizei zeigt hier in München Woche für Woche, was sie von einem angeblichen bunten und weltoffenen München hält und - ebenso eindrucksvoll wie eindringlich -, dass man aus NSU wie Oktoberfestattentat nicht das geringste gelernt hat und Teil des Problems ist. Die Rassisten, ob bei Pegida mitlaufend oder nur am Rand applaudierend, können sich durch Medienberichte wie auch durch das, was CSU und Co planen und SPD und Grüne willig bereit sind mitzutragen bestätigt fühlen. Protest ist kaum bis gar nicht zu vernehmen. Für Schutzsuchende verheißt dies, selbst in einer angeblich bunten und weltoffenen Stadt, nix gutes.
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Sonntag, 4. Oktober 2015
Refugees...und nu?!
Ja, auch ich habe die letzten Wochen als freiwilliger Helfer in München hier und da mit versucht anzupacken. Aber manchmal lohnt sich ein kleiner Schritt zurück um die Entwicklung zu beobachten die die Situation rund um Geflüchtete hierzulande so zu nehmen scheint. Da reicht dann die Palette der persönlichen Empfindungen von Wut über Verwunderung bis hin zu einem amüsierten Grinsen. Aber der Reihe nach.

München hat wahrlich beeindruckendes geleistet in den letzten Wochen. Hunderte freiwillige Helfer packten mit an, begrüßten Geflüchtete, gaben tonnenweise Spenden ab, verteilten diese, stellten sich als Dolmetscher zur Verfügung oder ähnliches. Dass es hier zu Misstönen kommen kann weil der ein oder andere meint, er müsste das Rad neu erfinden bleibt hier natürlich nicht aus, soll aber auch nicht das Thema sein. Interessant ist hier jedoch, was für ein Bild manch einer von Geflüchteten zu haben scheint oder was er meint, wie diese sich zu verhalten hätten. Sprachkurse oder Veranstaltungen für Geflüchtete schön und gut, aber Kurse über Körperhygiene? Weil der ausm Ausland das halt nicht kennt? Bezeichnend hier der desöfteren zu hörende Aufruf, man möge die Geflüchteten doch bitte auf Einhaltung einfachster Hygienevorschriften hinweisen, da diese das ja von daheim her nicht kennen. Auch scheint so manch einer unzufrieden darüber zu sein, dass der gemeine Geflüchtete sich nicht gar so dankbar zeigt, wie man es gern hätte. Empörung darüber, dass manch einer gar nicht in München oder gar Deutschland bleiben möchte sondern aus unterschiedlichsten Gründen weiterreisen, inklusive.

Die Polizei – wissen schon, „Freund und Helfer“ und so – wurde auch über den Klee gelobt. Gerade als Fußballfan mit einschlägiger Erfahrung in diesem Bereich weiß man, dass ein gesundes Misstrauen im Umgang mit der Polizei nicht nur angebracht, sondern auch unbedingt notwendig ist. Das Bild welches die Polizei zum Beispiel am Hauptbahnhof abgibt, bestätigt das noch. Rassistische Kontrollen unter die jeder fällt, der nicht weißdeutsch genug aussieht, unterschiedliche Behandlung von Menschen vor Ort je nach Hautfarbe, ein Verhalten im Umgang mit teils traumatisierten Personen welches, salopp gesagt, unter aller Sau ist und ähnliches sorgen aber immerhin dafür, dass Geflüchtete nun hautnah miterleben und lernen dürfen, wie mit ihnen hierzulande umgesprungen wird. Was die Polizei betrifft wurde hier anfangs ein völlig falsches Bild vermittelt und die Polizei bemüht sich nach Leibeskräften, dies wieder gerade zu rücken. Wurde mit Erstaunen vermeldet, wie gut doch die Zusammenarbeit mit den Helfern „aus überwiegend Antifa-Kreisen“ und der Polizei klappt, so sorgten hier die allmontäglich stattfindenden Aufmärsche des lokalen Pegida-Ablegers und das Verhalten der Polizei im Umfeld der Aufmärsche schnell für Ernüchterung.

Interessant auch, was aus „der Politik“ zu vernehmen ist. Merkels anfängliches „wir schaffen“ das mal außen vor, zeigen Seehofer, Söder, Oppermann und wie sie alle heißen für ein teils sarrazineskes Verhalten. Die Taktik Sarrazins kurz erklärt: Ich bombardiere mein Umfeld mit Zahlen, Statistiken und darauf basierenden Schlussfolgerungen, wer diesen nicht folgt ist Teil eines Systems, welches auf den „Volkstod“ abzielt. Und während sich noch über die rassistischen Entgleisungen des SPD-lers echauffiert wird, wird weiter mit „Fakten“ um sich geschmissen. Dass diese fachgerecht zerlegt wurden und keine einzige seiner Behauptungen einer näheren Übrprüfung stand hielt scheint ebenso in Vergessenheit geraten wie die Wortmeldungen derer, auf die Sarrazin sich bezieht. Was geblieben ist sind seine Behauptungen und Unterstellungen denen gegenüber, die er angriff. Das Gift konnte nahezu ungestört wirken und „Deutschland schafft sich ab“ findet und fand sein dankbares Publikum wie die zehntausenden Rassisten mehr als eindrucksvoll beweisen welche Woche für Woche durch Deutschland „spazieren“. Was das nun mit Seehofer und Co zu tun hat? Auch hier werden fortlaufend Behauptungen in die Welt posaunt wie zum Beispiel von angeblich eingeschleusten Terroristen oder Menschen die sich nicht integrieren wollen. Während hier die Empörung noch lautstark sich Bahn bricht, kommt bereits die nächste Forderung, zum Beispiel nach Grenzen, welche komplett geschlossen gehören, Grenzzäunen, schnelleren Abschiebungen und so weiter und so fort. Mit interessanten Folgen. Die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl und weitere Eingriffe in die Rechte von Geflüchteten erscheinen dann zum einen nicht mehr so gravierend, denn sie sind dann ja immer noch besser als die Forderungen, die man ursprünglich in den Raum warf. Zum anderen nimmt die Debatte Zeit und Raum der vielleicht sinnvoller investiert wäre in Debatten darüber, wie man den Geflüchteten helfen könnte.

Denn ob Grenzzäune oder schärfere Regelungen, gar Streichung des „Taschengeldes“, Menschen in Not lassen sich davon mit Sicherheit nicht abhalten. Bezeichnend übrigens, welch Weltbild allein aus der Verwendung des Begriffes „Taschengeld“ spricht. Keinerlei Raum bleibt im Moment für die Debatte darüber, wie mit den oft traumatisierten Menschen umgegangen werden sollte und wie sich die aktuelle Behandlung der Geflüchteten – Unterbringung auf engstem Raum, ohne ausreichende sanitäre Einrichtungen, ohne Privatsphäre – auf ihren Zustand auswirkt. Stattdessen wird lieber mit dem Finger auf die Opfer der Behandlung und die Folgen gezeigt. Stichwort: Schlägereien in diesen menschenunwürdigen Unterkünften. Keinerlei Raum bleibt für Forderungen nach beispielsweise dezentraler Unterbringung oder nach der Schaffung sicherer Fluchtwege um weitere Tote zu verhindern. Wir erleben momentan ein vollständiges Versagen der Politik einer angeblich ach so fortgeschrittenen und führenden Industrienation. Es ist ernüchternd zu sehen, dass hier der Protest der so genannten Zivilgesellschaft auszubleiben scheint. Es ist schön zu sehen, dass diese sich versucht einzubringen wo der Staat versagt. Allerdings darf es nicht dabei bleiben. Durch die sarrazineske Politik fühlen sich viele derer, die ihren Rassismus sonst in den Kommentarspalten der verschiedenen Blätter und im so genannten social media ausleben, bestätigt. Auch hier sollte überlegt werden, wie der Selbstschutz derer organisiert werden kann, die sehr bald darauf angewiesen sein werden. Gesicht zeigen wird da bei weitem nicht ausreichen.
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Samstag, 12. September 2015
Refugees welcome?
Die ganzen Meldungen darüber, wie hilfsbereit doch alle den Geflüchteten gegenüber sind und wie freundlich sie willkommen geheißen werden hat bestimmt schon jeder gelesen. Ich verlink das deswegen hier nicht, sondern beschäftige mich mal wieder mit meiner Lieblingsbeschäftigung (neben Katz kaputt flauschen): Wasser in den Wein schütten. Daher nur kurz angemerkt:

- Werte Bahnreisende, die ihr aus Österreich in München am Hauptbahnhof ankommt: wundert euch bitte nicht, wenn Menschen die nicht die hier übliche Hautfarbe haben hektisch nach ihren Papieren kramen und beim verlassen des Zuges damit winken. Der Grund ist ganz einfach: wer nicht weißdeutsch genug aussieht, wird von der Polizei gen Aufnahmebereich für Geflüchtete in den Starnberger Flügelbahnhof verfrachtet

- Wer nicht weißdeutsch genug aussieht sollte sich auch auf keinen Fall in den für die Geflüchteten abgesperrten Bereich verlaufen. Er läuft sonst Gefahr, mitsamt der Geflüchteten gen medizinische Untersuchung geschoben zu werden. Geht/ging so übrigens auch vielen Helfern, die nicht eindeutig genug als Helfer erkennbar waren

- Wer nicht weißdeutsch genug aussieht und sich versehentlich in den abgesperrten Bereich am Hauptbahnhof verlaufen hat, der wird immerhin freundlich empfangen. Siehe dazu auch:


(Und von den ganzen "DIE ROTHCHILDS HABEN UNS DAS EINGEBROCKT" und "ICH HELF NUR DEUTSCHEN" und russischen Fernsehsendern fang ich jetzt erst gar nicht an)
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Refugees welcome
Freitag, gegen 19:00 Uhr. Das abendliche, eher gelangweilte Klicken führt auf die Seite fluechtlingshilfemuenchen.de. Dort zu lesen: ein dringender Aufruf, dass helfende Hände - unter anderem - am Hauptbahnhof gesucht werden. Worum es geht? Um den so genannten "Flüchtlingsansturm". Oder halt um Menschen die vor Krieg, Hunger, Armut,...geflohen sind und in München ankommen. Die erwähnte Seite ist recht neu und ein guter Anlaufpunkt für alle die schnell wissen wollen, wo gerade freiwillige Helfer und Spenden in München gesucht werden. Es gibt übrigens auch Menschen die vor Ort in Ungarn helfen. Einem der vielen Länder die die Flüchtenden auf ihrem Weg Richtung bspw. Deutschland oder Schweden passieren. Aber das nur nebenbei.

Direkt vor dem Elisenhof haben sich am dort geparkten blauen Streetworkbus schon freiwillige Helfer versammelt die, ausgestattet mit gelben Bändchen (Warnwesten sind aus), Handschuhen und Mundschutz, gen Hauptbahnhof weitergeleitet werden. Zwischenzeitlich hat sich noch eine Freundin gemeldet. Diese arbeitet beim Jugendamt und ist in Rufbereitschaft versetzt worden. Es scheinen wirklich viele Menschen erwartet zu werden. Am Starnberger Flügelbahnhof angekommen, einer vor sich hinrottenden alten Bahnhofshalle, werden die Helfer sofort eingewiesen und eingeteilt. Mit 10.000 Flüchtlingen sei in dieser Nacht zu rechnen, so die Info. Aufgrund des Andrangs wird daher nur noch das "Notprogramm" gefahren. Keine Ausgabe von Kleidung oder warmen Essen mehr. Die Menschen bekommen Wasser, Müsliriegel, Decken und sollen nach einem kurzen medizinischen Check sofort weitergeleitet werden in die Erstaufnahmeeinrichtungen.

An der Getränkeausgabe, an der ich zugeteilt war, war für den Moment genug Wasser vorhanden. Polizei, Helfer, Dolmetscher wuselten herum. Der erste Zug aus Österreich fuhr ein, die Polizei schickte die Geflüchteten zum Flügelbahnhof. Sehr viele Frauen mit kleinen Kindern waren unter den neu Ankommenden. Darunter teils wenige Tage alte Babies. Auf der Flucht geboren. Die Menschen waren in einem fürchterlichen Zustand. Erschöpft, hungrig, durstig, dreckig, frierend. Wer die Nachrichten der letzten Tage mitbekommen hat, insbesondere über den Umgang mit Geflüchteten in Ungarn - Stichwort Röszke - den verwunderte das nicht. Beeindruckend war das Auftreten dieser Menschen. Trotz ihres Zustandes und trotz allem, was sie durchgemacht haben, waren sie höflich, zuvorkommend, würdevoll. Zwei Menschen aus Gambia kamen vorbei und erzählten, sie seien zwei Jahre unterwegs gewesen. Ein Mensch, Mitte zwanzig, wurde im Rollstuhl an uns vorbei gefahren. Ihm fehlten beide Beine. Man möchte sich gar nicht vorstellen, was diese Menschen alles durchmachen mussten.

Hunderte kamen pro Zug. Die Polizei meinte bereits am Anfang des Abends das damit gerechnet werden darf, dass fast alle Insassen des jeweiligen Zuges aus Österreich Geflüchtete sind. Die Wasservorräte gingen so schnell zur Neige. Als eine neue Lieferung am Starnberger Flügelbahnhof ankam bildete sich sofort aus Passanten eine Menschenkette welche Wasser, Decken, Schlafsäcke weiter reichte. Hektisch wurde es, als die nächsten Züge einfuhren und sich mehrere Hundert Menschen im abgesperrten Bereich einfanden. Von der sonst so beflissen herumeilenden Polizei war in diesem Moment nichts zu sehen. Dank der Helfer wurde das ganze aber in geregelte Bahnen gelenkt. Einer der Helfer zog aus der Masse eine Hochschwangere, bei der scheints gerade die Wehen einsetzten. Die Info erreichte uns, dass die Stadt weitere Quartiere öffnete für die vielen um Schutz suchenden. Eine kurze Atempause war in Sicht, da der nächste Zug erst eine Stunde später erwartet wurde. Die bereits zur Ablösung der seit Stunden tätigen Helfern bereit stehenden packten mit an. Mit den neu Ankommenden konnte - leider nur sehr kurz - auch kurz Kontakt aufgenommen werden. Nur ein Wort für diese Menschen: beeindruckend.

Auf dem Heimweg dann noch kurz am Ausgang des Hauptbahnhofes vorbei gekommen, der zur S-Bahn führt. Dort ist ein großer, abgesperrter Bereich eingerichtet in dem die Menschen kurz medizinisch erstversorgt und dann zu den Bussen geführt werden. Mittlerweile wurde ein Sichtschutz angebracht. Aufgrund des Auftretens der Presse an dieser Stelle scheint dies auch sehr sinnvoll. Ein bisschen Restwürde sollte diesen Menschen erhalten bleiben. Ohne Kamerateams welche auch noch die medizinische Versorgung meinen dokumentieren zu müssen. Auf dem Heimweg gegen 00:30 Uhr viele Partygänger unterwegs. Ein Bild welches surreal anmutet in diesen Tagen.
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Dienstag, 25. August 2015
Wut im Bauch
„Ignoriert diese Leute bei Pegida doch einfach. Die sind unbedeutend und ungefährlich“

„Ich schäme mich so für das, was in Heidenau passiert“

Zwischen diesen Aussagen, geäußert von denselben Personen, liegt kein halbes Jahr. Stimmen die bereits „damals“ mahnten, dass sich Rassismus und was sich sonst noch an Hass bei Pegida samt Ablegern sammelt, schlecht wegignorieren lassen wurden verlacht. Nu hamwa den Salat, die Saat geht auf. Fast täglich brennt eine Unterkunft für Geflüchtete. (Und wer jetzt hier kommt mit „Aber das sind doch nur geplante Unterkünfte, noch keine fertigen“ möge bitte nochmal ganz scharf nachdenken. Wenn das nicht hilft: Kopf mit ausreichend hoher Frequenz auf die Tischplatte schlagen. Hilft vielleicht nicht, aber man hält endlich mal die Klappe). Nicht zu vergessen natürlich die, denen das Thema zu viel ist, denen viel zu viel darüber berichtet wird, welche gern eine Funktion hätten, das Thema auszublenden. Kleiner Tipp: die Funktion habta schon, qua Geburt. Weil ihr zufällig hierzulande aus der Vagina geflutscht seid und weil ihr zufällig weiß seid und heterosexuell könnt ihr das Thema ignorieren. Seid ihr eines davon nicht, würdet ihr gar nicht erst auf die Idee kommen, das Thema ausblenden zu wollen.

Mh, wie wäre es denn dann damit, solche „Hassdemos“ einfach zu verbieten? Klasse Idee, so schön deutsch. Keinen Bock sich mit dem Thema, den Ursachen und eventuellen Ansätzen für Lösungen zu beschäftigen, also zeichnen wa fleißig ne Petition, die genau das fordert. Auf die wirklich richtig doofe Idee, mal mit den Betroffenen zu sprechen kommt keiner. Nein, nicht mit den „Nationaler Widerstand“-Brüllern. Gemeint sind hier die Geflüchteten selbst. Die organisieren sich durchaus selbst und versuchen mit Demos oder einer Bustour auf ihre Situation aufmerksam zu machen und für ihre Rechte zu kämpfen. Das Werkzeug dazu, deren Demos zu verbieten würde damit der Polizei gleich mit in die Hand gegeben? Doof, ne. Aber die Polizei kann das doch bestimmt gut einschätzen und wird schon „die richtigen“ treffen, oder? Gut, hat sie in Heidenau erst eindrucksvoll bewiesen, dass sie das eben nicht kann und will und auf Kollegen und Freunde nicht eindrischt selbst wenn diese „Sieg Heil“ brüllen und versuchen Menschen zu jagen welche hier Schutz suchen.

Beinahe hätte ich das wichtigste vergessen: den Hinweis darauf, dass „die Linken“ mindestens genauso schlimm sind bzw. das „Gewalt, egal ob von rechts oder links nicht toleriert werden darf“. Hui, da bin ich aber heilfroh, dass die Gefahr von links und von rechts ausgeht und die gute und brave Mitte nicht ebenfalls fleißig am (nicht nur) verbalen Zündeln ist. Hoch lebe die Extremismustheorie, lasset uns das güldene Hufeisen anbeten und hoffen, dass die Gewalt welche unsere brave Mitte bedroht bald wieder vorbei gehen möge. Ich frage mich ja, jetzt mal ernsthaft, wie man bei einer beispiellosen rechtsterroristischen Welle nur auf die Idee kommen kann zu betonen, dass links auch böse sei. Entweder man versucht sich hier mit aller Gewalt rein zu waschen, sich schon mal vorsorglich den Persilschein zu verpassen für die Zeit, nachdem man durch eigene Ignoranz mit dazu beigetragen hat, dass wieder mal alles in Trümmern liegt oder aber man hat recht wenig Ahnung vom Thema, ist dafür aber wenigstens schön laut.

Bleibt nur, sich bei denen zu bedanken bzw. auf die hinzuweisen, welche sich engagieren. Da wäre zum Beispiel „die“ Antifa, also die, die extra aus Berlin/Leipzig/Dresden/… nach Freital und Heidenau fahren/fuhren um sich dem rassistischen Mob entgegen zu stellen wenn die Polizei schon dazu nicht willens ist und die Bevölkerung vor Ort sich entweder weg duckt oder aber mit dem Mob mit marschiert. Rührend auch die vielen Initiativen welche sich bemühen, Geflüchtete willkommen zu heißen, Spenden sammeln, sortieren, verteilen und somit die Arbeit übernehmen, zu der der Staat nicht willens ist. Stellvertretend seien hier einfach mal PRO ASYL und der bayerische Flüchtlingsrat genannt. Wer mag, findet nahezu überall Initiativen bei denen er sich engagieren kann. Wer nicht mag und wen das Thema nervt, der möge wenigstens die Klappe halten.
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Dienstag, 17. März 2015
Nazis, Nazihools, alle komplett unpolitisch


„Bagida“, diesen bayerischen Ableger von „Pegida“, gibt’s auch noch. Nach zwischenzeitlich deutlichem Einbruch der Teilnehmerzahl ging es die letzten beiden Male wieder bergauf. Über den Gegenprotest schimpfte ich im vorherigen Beitrag bereits. Das ist nicht mehr nötig, den Gegenprotest gibt es praktisch nicht mehr. Zum Ausgleich sind Löwenfans zusammen mit Rechtsterroristen eifrig bemüht mittlerweile die wenigen, die sich zum Gegenprotest versammeln nicht nur mit Anti-Antifa-Methoden auszuspähen, sondern es kommt auch zu Übergriffen. Aber eins nach dem anderen.

Bagida/Mügida/NoBagida

Als in Dresden die Teilnehmerzahlen von „Pegida“ von Rekord zu Rekord jagten konnte man sich in der Hauptstadt der Bewegung…pardon…in München gar nicht genug beeilen, dem nachzueifern. So gab es gleich zwei Ableger von „Pegida“. Und wie es in der Szene der so genannten „Islamkritiker“ so üblich ist, waren sich die beiden Organisationen spinnefeind. „Mügida“ wurde von Aussteigern der rassistischen Kleinstpartei “Die Freiheit“ organisiert. Der Zuspruch allerdings war überschaubar. Neben Fritz Schmude, Stadtrat der AfD, Stefan Werner, Alleinunterhalter bei „Pro Bayern“ und auf nahezu jeder Demo anzufinden welche nur rassistisch genug ist, sammelten sich nur wenige weitere Teilnehmer. Der Gegenprotest war schon damals im Dezember 2014 recht überschaubar. Während sich weit außerhalb von Hör- und Sichtweite zu „Mügida“ tausende Münchner selbst feierten durfte der Gegenprotest zu den Fans des antimuslimischen Rassismus von Passanten im grauenhaften sächsischen Idiom beschimpfen lassen. „Mügida“ beschränkte sich immerhin noch auf das Feindbild Islam, „Bagida“ ging da bald sehr viel weiter.

Während sich die Teilnehmerzahl bei „Mügida“ bald nicht mal mehr im zweistelligen Rahmen bewegte und man es ganz bleiben ließ, sammelte „Bagida“ noch seine Kräfte. Kleiner Zeitvertreib und scheints unvermeidlich: das Stricken von Verschwörungstheorien. Auf dem offiziellen Facebook-Account von „Bagida“ ging es noch vor dem Start rund und den Veranstaltern von „Mügida“ wurde unterstellt, sie seien „Linksextremisten“, natürlich „bezahlt und ausgesandt um unserem Ruf zu schaden“. Vermutlich wollte man mit dem doch recht offensichtlichen Misserfolg nicht in Verbindung gebracht werden, sondern selbst ein Zeichen setzen. Dies gelang bereits beim ersten Auftritt. 1500 Rassisten sammelten sich um, na wen wohl, Michael Stürzenberger . Dessen Erfolgsbilanz in der Szene der „Islamkritiker“ ist mehr als beachtlich. Nicht nur schaffte er es, aus einer rassistischen Kleinpartei eine rassistische Kleinstpartei – beobachtet vom Verfassungsschutz – zu machen, nein, er fuhr auch noch nacheinander seine Kandidatur zum Stadtrat und ein Bürgerbegehren gegen ein geplantes Islamzentrum an die Wand. All dies mit ausreichend Schwung und Getöse versteht sich.

Vielen Münchner ist Stürzenberger durch seine über Wochen und Monate nahezu täglich abgehaltenen „Infoveranstaltungen“ ein Begriff. In der Fußgängerzone, am Marienplatz oder vor Einkaufszentren versuchte der umtriebige selbst ernannte „Aufklärer“ Stimmen für sein Bürgerbegehren zu sammeln und, nun ja, aufzuklären. Die Aufklärung bestand überwiegend in stundenlangen Monologen ohne Punkt und Komma und in ohrenbetäubender Lautstärke. Letzteres sorgte für Unmut bei Anwohnern und Gewerbetreibenden und sorgte für Redezeit- und Lautstärkebegrenzung was zu gar lustigen Diskussionen von Stürzenberger mit der anwesenden Polizei sorgte. Und selbst bei der Protestaktion von Geflüchteten am Rindermarkt waren sich Mitglieder der „Die Freiheit“ nicht zu blöde dort Unterschriften für ihr geplantes Bürgerbegehren sammeln zu wollen. Natürlich nicht ohne gegen die Geflüchteten zu hetzen. Am Stachus beließ man es dann bei ähnlicher Gelegenheit bei Hetze zusammen mit „besorgten Bürgern“. Nach den bereits angesprochenen Niederlagen bei der Stadtratswahl 2014 und mit dem Bürgerbegehren war es das wenigstens mit der Ruhestörung in der Innenstadt, die Hetze bei pi-News ging natürlich nahtlos weiter. Und wer glaubte, dass der Vorsitzende der „Die Freiheit“ sich nun enttäuscht zurückziehen würde sah sich allerdings schon sehr bald eines besseren belehrt.

Fußballfans, ganz unpolitisch

Wie gerufen kamen nämlich „unpolitische“ Fußballfans und sorgten in Köln, Hannover und Wuppertal für Aufsehen. Und auch „Pegida“ kam langsam ins Rollen, wenn auch vorerst nur in Dresden. Stürzenberger, umtriebig wie er ist, ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und trat vor den Hooligans in Hannover als Redner auf und reiste mitsamt einiger Mitstreiter mehrmals nach Dresden wo er sich dann auch vom ZDF als „besorgter Bürger“ interviewen ließ. Allerdings war er damit nicht der einzige Münchner, den die Reiselust packte. Auch Fans des TSV ließen es sich nicht nehmen und reisten nachweislich mehrmals den „Hooligans gegen Salafisten“ hinterher. „Brigade Giesing“ nennt sie sich, diese Organisation von Fußballfans welche sich strikt „gegen Politik beim Fußball“ aussprechen, sich selbst als unpolitisch sehen und gegen jeglichen Verdacht zur Wehr setzen, in „die rechte Ecke gestellt“ zu werden. Sie sind allerdings nicht die einzigen Löwenfans die sich so klar positionieren. Aus den Reihen der Ultra-Gruppierung „Cosa Nostra“ war die Zustimmung zu „HoGeSa“ und „Pegida“ ebenso wenig zu überhören wie von anderen Gruppierungen wie beispielsweise der „Blue Lions Forstenried“ und anderen. Dass es sich hierbei um, wie bereits angesprochen, Gruppierungen handelt, welche sich „gegen Politik beim Fußball“ aussprechen ist durchaus bemerkenswert, wirft es doch ein Licht darauf was mit dieser Forderung gemeint ist. Die Machtkämpfe innerhalb der Fankurve dürften hier sehr spannend werden und es bleibt wirklich zu hoffen, dass antirassistisch organisierte Fans die Oberhand behalten falls sich mal wieder Rassisten, „unpolitische Fußballfans“ und ähnliches zusammen schließen.

Zurück zu „Bagida“ und deren „Spaziergängen“ durch München. 1500 Menschen versammelten sich also bei der allerersten Veranstaltung. Darunter waren mindestens 200 organisierte Nazis zu finden. Eine Zahl welche übrigens durch die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München bestätigt wurde. Zu übersehen war der Nazi-Pulk nicht. Zum größten Teil vermummt, in szenetypischer Kleidung und mit martialischem Auftreten zogen sie durch München, griffen außerhalb des „Spazierganges“ Reporter und (vermeintlich) Linke an und ließen sich dabei selbst durch die Polizei kaum stören. Die war natürlich mit dem Gegenprotest vollauf beschäftigt und hatte so kaum Kapazitäten frei, die Nazihorde in den Griff zu bekommen. Muss man verstehen. Unter den Nazis bei Bagida fand sich nahezu alles was im Umkreis von 300km in deren Kreisen Rang und Namen hat. Mitglieder von „Der III. Weg “, Nachfolgeorganisation der verbotenen Organisation „Freies Netz Süd“ gaben sich ebenso ein Stelldichein wie Kader der NPD, Kameradschaftler und Rechtsterroristen aus dem Umfeld des NSU. Vom Gerichtssaal zum „islamkritischen“ Spaziergang eben. Ach und christliche Fundamentalisten durften auch nicht fehlen. Und Deutschlandfähnchen. Und Protest „gegen Genderwahn“. Aber wenigstens waren keine Löwenfans anwesend, so die Meinung manch führender Persönlichkeit der bereits genannten Ultra-Gruppierung. Die nicht vorhandenen Löwenfans waren sogar in Fankleidung anwesend und versuchten ebenfalls auf die Pressevertreter los zu gehen. Direkt neben den Nazis bei „Bagida“ mitspazierend: Rassisten welche „Nazis raus“ gen Gegenprotest plärrten. Denn Nazis, das sind die anderen. Immer.

Vom gesundschrumpfen und netzwerken



Seitens Stürzenberger und der Bagida-Orga wurde, was die Nazis betrifft, kräftig rumgeeiert. Kennt man ja aus dem Stadion. „Nazis gibt’s nicht“, „Hab keine Nazis gesehen“, „So lang sie friedlich sind dürfense ruhig mitlaufen“. In genau der Reihenfolge. Der Gegenprotest zu „Bagida“ schlief in der Folgezeit komplett ein. Das „Ätsch, wir sind mehr“ verstummte ob der Realität zusehends. Zwar schrumpfte auch „Bagida“, aber zumindest nicht gar so kräftig. Stürzenberger ist ja nicht unbedingt für besonders diplomatisches Vorgehen bekannt und so kam es, dass fränkische Nazis sich zuerst von „Bagida“ zurückzogen. „Der III. Weg“ wiederum zieht es scheints zum größten Teil auch vor, eigene Veranstaltungen abzuhalten wie kürzlich am Giesinger Bahnhof. Im Umfeld der „Kundgebung gegen den Volkstod“ (fragt nicht) übrigens: die bereits erwähnte „Brigade Giesing“. Fleißig am Gegenprotest abfotografieren und rumschäkern mit beispielsweise Karl-Heinz S., bekannter Rechtsextremist. Erwähnte „Brigade Giesing“ übrigens ließ sich selbstverständlich auch bei „Bagida“ blicken. Natürlich nicht direkt unter den Rassisten, auch wenn man deren Ziele mit Sicherheit teilt. Denn „Bagida“, so zeigte sich die letzten Wochen, schrumpfte zwar von der Teilnehmerzahl, die Wortwahl wurde jedoch zunehmend martialischer und die Themenfelder breiter. Von der anfänglichen „Islamkritik“ geht es nun zusehends um „Überfremdung“ und das lautstarke verbreiten rassistischer Klischees gegen alles, was nicht ins deutschnationale Weltbild passt.

Aktuell scheint die Anzahl derer, die wöchentlich beim Rassistenmarsch teilnehmen, wieder zuzunehmen. Von den anfänglich 1500 Teilnehmern ging es zwischenzeitlich auf gut 100 bergab, nun sind es wieder um die 150-200 Teilnehmer. Wie bereits beschrieben sind es aber nicht nur die Bagida-Teilnehmer selbst, die mitzuzählen sind. Auch im Umfeld der Spaziergänge befinden sich Rassisten, welche mittlerweile es nicht nur beim Fotografieren des Gegenprotestes belassen. Thomas Sch. Bekannter Rechtsterrorist wird da schon einmal handgreiflich und zusammen mit – Überraschung – der „Brigade Giesing“ werden die „Linken“ angegriffen. Unpolitische Löwenfans gemeinsam mit Rechtsterroristen Hand in Hand. Durchaus interessante Entwicklung und auch nicht sonderlich überraschend. Neben erwähnter „Brigade Giesing“ gibt es in der Fanszene des TSV natürlich, das haben „Bagida“ und „HoGeSa“ gezeigt, unzählige vermeintlich unpolitische, welche zur Not auch mal Jagd auf vermeintlich Linke, Pressevertreter und andere Personen machen, die nicht in ihr Weltbild passen. Und, genau wie in München, ist in der Fanszene die Anzahl derer, die sich dem entgegen stellen verschwindend gering bis fast nicht vorhanden.
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